Schafft die Landeskirchen ab!

Von Alexander Müller veröffentlicht am 1. November 2009 | 4.320 mal gesehen

Für die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und religiösen Gemeinschaften sind gemäss Art. 72 der Bundesverfassung die Kantone zuständig. Sie entscheiden welche Religionsgemeinschaften in ihrem Kanton als Landeskirchen anerkannt werden und ziehen die Kirchensteuern ein. Zudem legen sie fest ob juristische Personen (Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Stiftungen, Vereine) Kirchensteuer zu entrichten haben oder nicht.

Diese Regelung ist heikel, denn Landeskirchen passen nicht zu einem säkularen Staat, indem der Glaube Privatsache ist. Auch die Besteuerung von juristischen Personen zugunsten von Landeskirchen ist kritisch zu betrachten. Es wäre zu prüfen inwiefern sie sich mit dem dem Grundsatz der Glaubens- und Gewissensfreiheit und dem Prinzip der Trennung von Staat und Religion verträgt. Von juristischen Personen eingezogene Kirchensteuern werden proporzional an die Landeskirchen verteilt. Da spielt es keine Rolle ob die natürlichen Personen, die hinter der juristischen Person stehen einer Landeskirche angehören oder nicht.

Um eine saubere Trennung zwischen Staat und Religionen gewährleisten zu können sollten die Landeskirchen und die Kirchensteuer abgeschafft werden. Glaubensgemeinschaften können ihre Finanzierung auch durch den Verkauf von Ablassbriefen oder dem Sammeln von Spenden sicherstellen.

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17 Gedanken zu „Schafft die Landeskirchen ab!“

  1. In vielen Kantonen sind Kirche und Staat getrennt. Aber dann machen Sie eine Initiative für die anderen Kantone. Die bisherigen Abstimmungen zur Trennung von Kirche und Staat in verschiedenen Kantonen (Bern und Zürich) gingen alle negativ aus.

  2. Aber nicht doch tin! In allen Kantonen sind Staat und Kirche getrennt. Landeskirchen sind keine Staatskirchen. Sie profitieren aber von staatlicher Steuereintreiberei. Diese Steuereintreiberei der Kantone zugunsten der Landeskirchen widerspricht jedoch dem Grundsatz der Trennung zwischen Staat und Religion. Zumindest ist Religion in diesem Bereich plötzlich keine Privatsache mehr. Zudem werden in einigen Religionen juristische Personen (Kapitalgesellschaften, Vereine) gezwungen Kirchensteuern zu entrichten. Das ist stossend.

    Abgesehen davon werden Religionsgemeinschaften, die nicht den Status einer Landeskirche haben gegenüber jenen, die diesen Status haben benachteiligt.

    Jeder soll glauben was er will solange es seine Privatsache ist. Wenn aber Firmen gezwungen werden aufgrund ihrer Rechtsform Kirchensteuern zu zahlen, dann kann man nicht mehr von einer Privatsache sprechen. Dann muss man sich sogar fragen ob die Schweiz überhaupt ein säkularer Bundesstaat ist!

  3. Die Kirchensteuer für jur. Personen ist ein Unding, sogar unter Experten umstritten. Und dass die Tendenzen dahingehen, weitere Gemeinschaften in den Status von Landeskirchen zu erheben, Islam-Religionslehrer an staatl. Institutionen auszubilden und den konfessionellen Utnerricht an der Volksschule zu verankern bzw. durch obligatorische als „Kultur- und Ethikkurse“ kaschiert einzuführen (wie zuletzt am Podiumsgespräch in Luzern gesehen) geht einmal mehr in die völlig falsche Richtung. Wahrscheinlich wird es einmal mehr Sache der Gerichte sein, auf Begehren von Eltern/Betroffenen, die sich entgegen der Verfassung zu religiösen Handlungen gezwungen sehen, Präzendenfälle zu schaffen, wenn die Politik nicht in der Lage ist, klare Vorgaben zu erlassen.

  4. @Alexander Müller
    Sie scheinen den Unterschied zwischen Staatskirche und Landeskirche nicht zu verstehen. In verschiedenen Kantonen sind Kirche und Staat eben nicht getrennt, weil 3 Glaubensgemeindschaften den Status „Landeskirche“ tragen und der Staat die Steuern einzieht – was er sich übrigens auch reichlich bezahlen lässt.

    Religion ist Privatsache – genau. Was einer glaubt, ist also frei – zum Glück. Nur hat das eben nicht so viel mit den Steuern zu tun.

    Und wie gesagt – die letzten Trennungsinitativen (Bern und Zürich) wurden alle abgelehnt.

    Also dann warte ich auf Ihre nächste Initiative.

  5. Hallo Tin, wie wärs wenn Sie mir den Unterschied zwischen Landeskirche und Staatskirche erklären?

    Für mich ist eine „Landeskirche“ eine territorial begrenzte Religionsgemeinschaft mit öffentlich-rechtlicher Anerkennung. Bevor ein Kanton Kirchensteuern für eine Religionsgemeinschaft eintreibt, muss diese den Status einer Landeskirche haben. (Das ist für mich das Wesentliche und die Grundlage für diesen Beitrag)

    Als Staatskirche wird eine Religionsgemeinschaft bezeichnet, die aufgrund des geltenden Rechts zur offiziellen Religion eines Staats bestimmt wurde. Da die Schweiz ein säkularer Nationalitätenstaat ist, denke ich, dass es hierzulande zumindest auf nationaler Ebene keine Staatskirche gibt. Sofern ich mich irren sollte, lasse ich mich gerne belehren. Insbesondere möchte ich dann aber wissen welches denn dann unsere Staatskirche ist (sofern es sie denn geben sollte).

    PS: Da diese Sache jedoch kantonal geregelt wird und ich nicht jeden Kanton bis ins letzte Detail kenne, kann ich nicht ausschliessen, dass es auf kantonaler Ebene Staatskirchen geben könnte. Wobei ich auch das bezweifle. 😉

  6. Richtig, in der Schweiz gibts keine Staatskirchen (mehr) – es gibt aber Landeskirchen – je nach Kanton. Die Aufhebung dieser Landeskirchen im Sinne von Privilegierung (Kirchensteuereinzug) wurde in der Vergangenheit in den (abgelehnten) Initiativen z.B. in Bern und Zürich aber stets mit „Trennung von Staat und Kirche“ bezeichnet.

    Um wieder zum Ausgang der Beitrags zu kommen. Statt über die bösen Kirchen zu jammern, müssten Sie als Demokrat eben den demokratischen Weg wählen und erneut eine Initiative ergreifen, um den Status der Landeskirchen abzuschaffen – aber nicht Schweiz-weit, sondern kantonal.

  7. Was bezwecken Sie mit Ihren rethorischen Finten? Wollten Sie mich aufs Glatteis führen? Scheint jedenfalls alles daraufhin zu weisen. Zuerst behaupten Sie, dass ich offenbar den Unterschied zwischen Landeskirche und Staatskirche nicht kennen würde und als ich Ihnen den Unterschied nenne, kommen Sie mit einer Feststellung daher, die niemand jemals bestritten hat und die nicht zur Diskussion stand.

    Dass es in der Schweiz Landeskirchen gibt, weiss ich selber. Falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten, dieser Umstand ist die Ursache für dieses Thema. Lesen Sie doch bitte nochmals den Artikel, ich bezweifle, dass Sie ihn wirklich verstanden haben. Jedenfalls scheint Ihnen entgangen zu sein, dass es bei meinem Artikel um die Abschaffung der Landeskirchen geht. Folglich sollte doch vorausgesetzt werden können, dass es solche gibt. Oder können Sie Dinge abschaffen, die inexistent sind? Der kundige Leser sollte im übrigen bereits aus dem Titel ersehen, dass es beim Text nicht um Gejammer sondern um eine Aufforderung geht. Oder pflegen Sie im Imperativ und mit Ausrufezeichen zu jammern?

    Übrigens, es gab in einzelnen Kantonen immerhin bereits Vorstösse zur Abschaffung der Kirchensteuern für juristische Personen. Es gibt jedoch auch entgegengesetzte Strömungen, die auch für andere Religionsgemeinschaften den Status einer Landeskirche fordern.

  8. Den Vorwurf des Nicht-Richtig-Lesens kann ich gerne zurück geben. Ich habe nirgends über die Existenz von Staatskirchen geschrieben. Sie kamen plötzlich mit diesem Begriff, nachdem ich von „Trennung von Staat und Kirche“ geschrieben hatte, weil das jeweils die Formulierung der entsprechenden, aber abgelehnten Initiativen in den Kantonen war.

    Nun, dann bleibt uns ja nichts anderes übrig, als auf die entsprechenden Initiativen zu warten – Sie können dann zu diesem Zeitpunkt wieder auf diese Diskussion hier zurück kommen.

  9. Sie widersprechen sich. Indem sie schreiben weshalb ich auf den Begriff Staatskirche gekommen bin (was zutrifft) attestieren Sie mir ja, dass ich Ihren Beitrag richtig gelesen habe. Wo habe ich geschrieben, dass Sie über die Existenz von Staatskirchen in der Schweiz geschrieben haben? Wieso unterstellen Sie mir laufen Dinge, die nicht zutreffen?

    Zum Warten: Ich schreibe über Themen, die mich interessieren und muss daher nicht auf Initiativen warten. Zweck dieses Artikels ist es Leute zum Nachdenken anzuregen. Wenn dies zur Lancierung einer Initiative ermuntert ist das schön, es ist jedoch nicht zwingend nötig.

  10. Ihr Vorschlag spricht mir aus dem Herzen! Es ist mir schon ziemlich peinlich, dass es die „moderne“ Schweiz nicht geschafft hat sich zum Laizismus zu bekennen.
    Ob sich gewisse Kirchen als Landeskirchen bezeichnen dürfen fände ich halb so wild, nicht egal ist es mir aber wenn juristische Personen mit atheistischer oder andersgläubiger Urheberschaft christliche Kirchensteuern zu entrichten haben. Oder noch schlimmer der Kanton Waadt: Die Kirchensteuer ist nicht ein seperater Posten, sondern es wird ein Prozentsatz der ordentlichen Steuern für die Pfaffen abgezweigt. So werden also auch Privatpersonen genötigt Kirchensteuern zu zahlen, ob sie wollen oder nicht!

  11. Dass es keinen POLITISCHEN Willen gibt, die Kirchensteuern für juristische Personen abzuschafen, hat die Berner Sektion der Freidenker-Vereinigung feststellen müssen.

    Da Bundesverfassung das Verhältnis Staat-Kirche den Kantonen überlässt, hat leider zur Folge, dass die Situation in etlichen Kantonen himmelschreiend unsäkular ist (Wallis: Man bekommt nur einen geringen Teil des Kirchensteueranteils zurückerstattet…).

    Die Freidenker-Vereinigung ist meines Erachtens und Wissens eine der wenigen Institutionen, welche sich tatsächlich dafür einsetzt, was in ihrem Artikel angesprochen wird: Trennung von Staat(hier:Kanton) und Kirche. Das heisst in diesem Bereich: Keine Anerkennung und/oder Privilegierung einzelner Religionsgemeinschaften=Landeskirchen.

    Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Laizismus und Säkularisation in diesem Themenbereich der einzige ganbare weg sind. Falls nicht, wird es nicht lange dauern und man wird Anträge für Landeskirchen-Anerkennung für Islamische Glaubensgemeinschaften (welche? sunnitisch, schiitisch, wahabitisch…?), Zeugen Jehovas, Scientology, und vielleicht sogar für die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters zu tun haben. Und ich möchte NICHT der Jurist sein, der da Pseudo-Begründungen an den Haaren herbeiziehen muss*.
    Denn: alle diese Religionsgemeinschaften haben den selben Anspruch, an den Staat gekoppelt zu werden/sein: NÄMLICH GENAU UND GAR KEINEN!
    * Bill Maher sprach neulich von „rectally derived facts“, das heisst „facts, you just pulled out of your ass“

  12. Da bin ich nicht gleicher Ansicht. Um in einem Kanton als Landeskirche anerkannt zu werden (wird Kantonal festgelegt) benötigt man eine grössere Anzahl Gläubige. Kleine Sekten und fundamentalistische Ableger des Islam wie z.B. die Wahabiten kommen zum Glück kaum auf dafür ausreichende Bevölkerungsanteile.

    Die kantonale Regelung hat mit der föderalen Ordnung zu tun. Diese ist jeder zentralistischen Diktatur oder Theokratie bei weitem überlegen. Zumindest aus basisdemokratischer Sicht. Anhänger totalitärer Systeme sehen das natürlich anders.

    Die Freidenker-Vereinigung ist nicht neutral, sie ist linkslastig. Es gibt andere Organisationen, die sinnvollere Ziele verfolgen. So gab es z.B. SVP-Vertreter, welche sich für die Abschaffung der Kirchensteuer bei juristischen Personen eingesetzt haben. Auch ich bin ein SVP-Mitglied, welches eben dieses Fordert.

  13. Nun, eine „grössere Anzal Gläubige“. Wer legt das fest, ist das eine juristische oder politische Kategorie. Bitte, ich bin nicht so naiv, dass ich nicht weiss, dass es dann im politischen Tagesgeschehen „einfach entschieden“ wird, was das alles heisst/heissen soll. Da entscheidet im Zweifelfall dann die CVPCSP-Fraktion (z.B. im Wallis).
    Juristisch oder philosophisch und staatsrechtlich ist das alles jedoch äusserst undurchsichtig und dubios.

    Überlegen wäre ein System, das bundesweit die Trennung von Staat und Kirche vorschreiben würde. Es eben nicht den Kantonen überliesse, hier den jeweiligen Sonderzug zu fahren. Das würde weder eine zentralistische Diktatur noch Theokratie sein.

    Sie können noch fünfzehnmal äussern, dass die FVS linkslastig sei. Ich kann noch fünfzehnmal behaupten, dass fünf mal sieben vierundzwanzig ergebe. Ganz der Wahrheit entsprechen wird es trotzdem nicht.

    Was soll die Erwähnung von sinnvolleren Zielen? Ja, die Bekämpfung des Welthungers ist wohl wichtiger als das Voranschreiten der Säkularisation in der Schweiz.
    Inwieweit wird die Forderung nach Abschaffung der Kirchensteuer (welcher Kanton?) wichtiger/sinnvoller, wenn sie durch einen SVP-Vertreter vorgebracht wird, als wenn sie von der FVS formuliert wird?

  14. Würden Sie eine Sekte, deren Anhänger etwa 0,01 Promille der Bevölkerung ausmachen als Landeskirche anerkennen? Ich nicht.

    Gemäss der Volkszählung im Jahr 2000 (finden Sie auf der Seite des Bundesamts für Statistik) waren im Jahr 2000 noch 33.04% der Bevölkerung reformiert (Protestanten) und 41.82% der Bevölkerung katholisch. Denke, dass dies zur Anerkennung als Landeskirche durchaus legitimiert. Die islamische Gemeinschaft kam auf 4.26% der Bevölkerung. Wobei auch hier noch eine Aufsplitterung in Sunniten, Schiiten, Aleviten, extreme Fundis usw. vonnöten wäre. Dies würde den prozentualen Anteil noch kleiner machen. Mir käme es nicht in den Sinn eine 4% Gemeinschaft als Landeskirche anzuerkennen. Dass dies dennoch geschieht, zeugt vom Grössenwahn einiger Muslime, welche es am liebsten sähen wenn der Islam die Welt dominieren würde.

  15. Ich würde gar keine Kirche als Landeskirche anerkennen. Religion ist Privatsache und da hat der Staat nichts zu privilegieren.

  16. Die wachsende islamische Bevölkerung der Schweiz dürfte das anders sehen. Der Islam kennt keine Trennung zwischen Religion und Staat. Ein Schweizer Sozialanthropologe hat bereits die Einführung der Scharia gefordert. Siehe hier!

    Aber egal, schaffen wir doch unsere christlichen Landeskirchen ab, dann ist der Weg für einen islamischen Gottesstaat frei.

  17. Ich will weder einen christlichen noch einen islamischen Gottesstaat. Beides ist einer zivilisierten Gemeinschaft unwürdig. Die christlichen Landeskirchen sind auch kein Bollwerk gegen den Islamismus. Es sind gerade christliche Institutionen, welche die staatliche Anerkennung des Islams fördern.

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