Härteres Strafrecht ist nur bedingt sinnvoll

Von Alexander Müller veröffentlicht am 5. Juni 2009 | 3.869 mal gesehen

Der Nationalrat hat sich vor kurzem für eine Verschärfung des Strafrechts ausgesprochen. Demnach soll das Strafrecht wie folgt verschärft werden:

Integrationswillige Ausländer sollen härter angepackt werden
Der Nationalrat unterstützt eine Motion der SVP, welche die Ausschaffung von integrationsunwilligen Ausländern verlangt. Demnach sollen Ausländer, die sich erwiesenermassen weigern, sich zu integrieren und die in der Schweiz geltenden Regeln zu akzeptieren ausgeschafft werden können. „Diese Forderung scheint sinnvoll zu sein, denn sie erhöht den Druck auf Ausländer sich zu integrieren und trägt damit einem ernstzunehmenden Bedürfnis gosser Bevölkerungsteile Rechnung.“

Kurze Freiheitsstrafen sollen wieder eingeführt werden
Hier scheiterte knapp mit 91:90 Stimmen ein Vorstoss der SVP, welche ganz von Geldstrafen absehen wollte und wieder zum alten Bussensystem zurückkehren wollte. Der Nationalrat sprach sie aber dafür aus, dass künftig auch wieder kurze – bedingte und unbedingte – Freiheitsstrafen ausgesprochen werden können. „Der Nationalrat hat sich hier offenbar für einen Mittelweg ausgesprochen. Ich hätte den Vorstoss der SVP unterstützt, denn ich bin der Meinung, dass insbesondere bei jungen Delinquenten eine kurze Freiheitsstrafe mehr zum Nachdenken über das Vergehen anregt, als dies eine Geldbbusse tut.“

Killergames sollen verboten werden
Der Nationalrat unterstützt zwei Motionen von Seiten der CVP und SP, die ein Verbot von elektronischen Killerspielen fordern. Demnach sollen Herstellung, Anpreisen, Einfuhr, Verkauf und Weitergabe von Computerspielen verboten werden, bei denen grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen und menschenähnliche Wesen zum Spielerfolg beitragen. „Erwachsene Menschen, die unter Umständen eine höhere Bildung haben als unsere Nationalräte, mit einem solchen Verbot zu bevormunden ist unsinnig. Jene Kreise, welche ein solches Verbot fordern, tun dies aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen. Ein Zusammenhang zwischem dem Spielen von Killergames und dem Verüben von Amoktaten konnte bislang zumindest wissenschaftlich nicht einwandfrei festgestellt werden. Diskutabel wäre allenfalls ein erforderliches Mindestalter um den Verkauf solcher Spiele an Minderjährige zu regeln.“

Straftaten gegen Kinder sollen härter bestraft werden
Der Nationalrat verlangt ein härteres Vorgehen bei Delikten in Sachen Kinderpornografie und Pädophilie. Für Kinderpornografie soll die Strafandrohung erhöht werden. Der Bundesrat hatte dies unter anderem mit dem Argument abgelehnt, dass der heutige Strafrahmen von den Gerichten oft nicht ausgeschöpft werde. „Bei dieser Forderung bin ich skeptisch. Zum einen ist für mich nicht plausibel, dass dies zu Verminderung solcher Taten führt und zum anderen gibt es Fälle bei denen Unschuldige Opfer von Justiz- und Sozialbehörden wurden indem sie zu unrecht einer Tat beschuldigt wurden.“

Nationale Datenbank für Pädophile
Pädophile Straftäter will der Nationalrat dank eines nationalen Registers unter Druck setzen. Er beauftragte den Bundesrat ein solches Register von verurteilten pädophilen Sexualstraftätern zu schaffen. Zudem sollen diese Täter in Zukunft die Behörden über Wechsel ihres Wohn- und Arbeitsortes informieren müssen. „Dagegen habe ich nichts zumal es auch bei unbescholtenen Bürgern üblich ist, dass sie den Behörden einen Wechsel des Wohnorts und des Arbeitgebers (Steuererklärung) melden. Eventuell liesse sich so eine Datenbank mit der Datenbank für biometrische Pässe verbinden und mit einem Eintrag im Pass mit „P“-Stempel für „Pädokrimineller“ kombinieren. Im 2. Weltkrieg hat unser Staat mit „J“-Stempeln ja bereits Erfahrungen bezüglich Effizienz eines solchen Eintrags in Reisepässen sammeln können (ironisch gemeint).“

Erneute Strafverschärfung zulasten von Automobilisten
Zum Glück waren selbst im Nationalrat sieben der acht Vorstösse gegen rasende Autolenker chancenlos. Knapp angenommen wurde einzig eine Motion, die Massnahmen gegen Geschwindigkeitsexzesse verlangt. Demnach soll wer nach einem Führerausweisentzug erneut bei einer Geschwindigkeitskontrolle erwischt wird, auf eigene Kosten in seinem Fahrzeug eine Black Box zur Überwachung seines Fahrverhaltens einbauen müssen. „Diese puritanische law-and-order Massnahme ist übertrieben und ein ungerechtfertigter Eingriff in die Privatsphäre freier Bürger. Die Schweiz hat bereits mit Abstand eines der härtesten Verkehrsgesetze der Welt und der Schweizer Strassenverkehr ist einer der sichersten auf der ganzen Welt. Die Zahl der Verkehrsunfälle und Unfalltoten ist trotz zunehmender Verkehrdichte rückläufig. Zudem sollte bedacht werden, dass man in der Schweiz aufgrund der knallharten Nulltoleranz-Gesetze seinen Führerausweis bei Geschwindigkeitsvergehen sehr schnell (schon bei relativ geringfügigen Geschwindigkeitsübertretungen) los ist.“

Wie die differenzierte Betrachtung zeigt, sind nicht alle geforderten Verschärfungen des Strafrechts unbestritten und sollten skeptisch betrachtet werden.

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6 Gedanken zu „Härteres Strafrecht ist nur bedingt sinnvoll“

  1. In Sachen Killergames bin noch unschlüssig. Aber Dein Vorschlag mit erforderlichen Mindestalter existiert ja schon. Aber eben, nur wird es nicht eingehalten.
    Also denke ich, dass der Entschluss (vielleicht) in die richtige Richtung geht. Wenn nur ein einziger Amoklauf damit verhindert wird, dann ist es der richtige Weg. Beweisen lässt sich das natürlich nie (leider)

    “Bei dieser Forderung bin ich skeptisch. Zum einen ist für mich nicht plausibel, dass dies zu Verminderung solcher Taten führt und zum anderen gibt es Fälle bei denen Unschuldige Opfer von Justiz- und Sozialbehörden wurden indem sie zu unrecht einer Tat beschuldigt wurden.”

    Was das genau heisst??? MMhhhhh?
    Was sind unschuldige Opfer, gibt es schuldige Opfer ?!?

    Aber du wirst mir das ja sicher erklären, du bist ja klüger als unsere Nationalräte *lach*

  2. Sie werden aber erst recht Killergames spielen nach dem Vorschlag wie du ihn schreibst, nämlich eine Alterslimite fest zu legen. Die aber ebne schon existiert.
    Und eben wie gesagt, das ein Verbot ein Amoklauf verhindert, lässt sich leider nie beweisen. Das Gegenteil übrigens auch nicht. Sonder es sind nur Mutmassungen.
    Ich hoffe, du gehst mit mir aber einig, dass ein Killergame die Fantasie anregen kann, oder etwa nicht?

  3. Es geht ja nicht nur um Amokläufe sondern auch um die zunehmende und härtere Jugendgewalt. Wobei mir absolut bewusst ist, dass es nicht nur an den Killergames liegen kann und tut.

  4. Hallo Dani, um Nationalrat zu werden muss man nicht klug sein. Es reicht wenn man gewählt wird. (Tipp: Einfach mal die Ausbildungen dieser Leute etwas genauer anschauen 😉 ) Wenn mir dann solche Leute aus weltanschaulichen oder religiösen Gründen ein Verbot aufbürden wollen, habe ich ein Problem damit.

    Mit dem Verbot von Killergames lässt sich kaum ein Amoklauf verhindern. Die Leute werden auch Killergames spielen wenn sie verboten sind. Dein Argument ist im übrigen ein Killerargument, mit welchem man fast alles rechtfertigen kann.

    Betreffend „unschuldige Opfer“: In der Weltwoche wurde einmal ein Artikel über einen Lehrer veröffentlicht, der beschuldigt wurde sich an Schülern seiner Klasse sexuell vergriffen zu haben. Dabei kamen Therapeutinnen zum Einsatz, die den Kindern mit Suggestivfragen Aussagen nahelegten, die den Lehrer belasteten. Der Lehrer kam in Untersuchungshaft und verlor seine Stelle. Er wurde sozial geächtet. Irgendwann stellte sich dann per Zufall heraus, dass die Kinder gelogen hatten. Der Mann erlitt während des Verfahrens gegen ihn einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall und ist heute IV-Empfänger. Die Mühlen der Justiz können gnadenlos sein und Unschuldige zermalmen. Ich traue weder dem Staat noch den Behörden. Wir haben es mit Menschen zu tun, die sich irren können und die Fehler machen können. Denken wir nur ans Schicksal der Verdingkinder oder der Kinder, die den Jenischen weggenommen wurden.

  5. Dass Killergames die Fantasie anregen ist eine Interpretation. Genausogut könnte man sagen, dass Killergames eine Fentilfunktion haben um Druck abzulassen.

    Ich bin zwar kein Psychologe, dennoch meine ich erkannt zu haben, dass bei den meisten Amoktätern Kränkungen am Arbeitsplatz oder in der Schule erfolgten. Die Täter waren zuvor also selber Opfer von subtilem und hinterhältigem Mobbing. Denken wir an den Fall Tschanun. Die Täter schienen ihre Umwelt zu hassen und eine Abrechnung begleichen zu wollen. Die meisten Opfer waren aus ihrem Umfeld. Gerade in Schulen wo der Herdentrieb besonders gross ist werden Anderstdenkende und Aussenseiter sehr oft Opfer von subtilen Angriffen, die in der Seele schmerzen können.

    In meinen Augen sind solche Dinge die Ursachen für solche Abrechnungen und nicht etwa Computerspiele. Mit Computerspielen kann man höchstens das Vorgehen und die Abläufe ähnlich wie in einem Simulator virtuell trainieren.

  6. Die Jugendgewalt den Killergames in die Schuhe zu schieben ist Schwachsinn. Vielmehr hat das mit Wertezerfall, Wegfall moralischer Instanzen (Kirche, Staat, Vorbilder, Familie), mangelhafter oder fehlender Erziehung und Migration aus anderen Kulturkreisen oder Krisenregionen zu tun.

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