Ecopop-Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung»

Von Alexander Müller veröffentlicht am 3. November 2012 | 5.290 mal gesehen

Die Initianten der Ecopop-Initiative wollen uns glauben machen, dass der Schweiz aufgrund der Zuwanderung eine Überbevölkerung droht. Damit stossen sie ins gleiche Horn wie die SVP, welche von einer Masseneinwanderung spricht. Ich halte das für absurd.

Das Boot ist in der Schweiz noch lange nicht voll. Die Schweiz erstreckt sich über eine Fläche von 41’285 Quadratkilometern und hat rund 8 Millionen Einwohner. Die Bevökerungsdichte beträgt rund 193 Einwohner pro Quadratkilometer.  Im Vergleich dazu erstreckt sich der Stadtstaat Singapur über eine Fläche von 712,4 Quadratkilometer und hat rund 5 Millionen Einwohner. Singapur hat pro Quadratkilometer über 7000 Einwohner. Sie sehen, wir haben noch genügend Platz in der Schweiz. Natürlich baut man in Singapur anders als z.B. im Appenzellerland, doch auch in der Schweiz könnte man den vorhandenen Wohnraum besser nutzen als es zurzeit der Fall ist.

Ich werde gegen die Ecopop-Volksiniatiative stimmen. Warum ich die Initiative ablehne? Hier könnt ihr den genauen Wortlaut der Initiative lesen! Da stehen unsinnige Dinge wie:

„Der Bund strebt auf dem Gebiet der Schweiz eine Einwohnerzahl auf einem Niveau an, auf dem die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft sichergestellt sind.“

„Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen.“

„Der Bund investiert mindestens 10% seiner in die internationale Entwicklungszuammenarbeit fliessenden Mittel in Massnahmen zur Föderung der freiwilligen Familienplanung.“

Bereits heute reichen die natürlichen Lebensgrundlagen der Schweiz nicht für den Wohlstand unserer Bevölkerung aus. Es ist ein Unsinn den Bund zu etwas zu verpflichten, das nicht realistisch ist. 

Die Initiative will die Zuwanderung auf 0,2% von rund 8 Millionen Einwohnern beschränken. Angenommen, es wandert keiner aus, dann können lediglich lächerliche 16’000 Leute einwandern. Das ist ja wohl ein absurder Witz oder?! Damit kann ja nicht einmal der Bevölkerungsschwund infolge natürlicher Sterblichkeit wettgemacht werden.

Die Initiative sieht vor, dass der Bund in die freiwillige Familienplanung investiert. Wieso soll der Bund in die freiwillige Familienplanung investieren, wenn wir doch die Überbevölkerung im Land reduzieren wollen? Da müsste der Bund doch viel eher in die freiwillige Kastration seiner Bürger investieren! Das macht meiner Meinung nach deutlich um was es den Initianten geht. Die wollen einfach weniger Ausländer in der Schweiz. Gegen ein Bevölkerungswachstum von Einheimischen haben sie aber nichts, das wollen sie sogar fördern. Das ist ein Widerspruch in sich, denn auch bei einem Bevölkerungswachstum, dass nur auf Schweizer Bürgern basiert, wird der Wohnraum knapper.

Für mich ist klar, diese unliberale Initiative grenzt an Planwirtschaft. Sie erinnert an die Bevölkerungsplanung der kommunistischen Volksrepublik China. Das ist etwas für SVPler und andere Leute, die Angst vor Fremden haben.

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14 Gedanken zu „Ecopop-Volksinitiative «Stopp der Überbevölkerung»“

  1. Ich denke, Du hast den Initiativtext nicht ganz verstanden.

    Die Initiative sieht eine Begrenzung des Bevölkerungswachstums der Schweiz auf 0.2% im dreijährigen Durchschnitt vor. D. h. wenn die Bevölkerung schwindet durch Geburtenrückgang (was sie im Moment noch nicht tut), ist auch zusätzliche Einwanderung möglich.

    Die Initiative sieht die Investitionen in freiwillige Familienplanung nicht für die Schweiz vor, sondern fordert, das mindestens 10% der ENTWICKLUNGSHILFE in freiwillige Familienplanung investiert wird. An anderer Stelle im Initiativtext steht das man das Ziel der Begrenzung der Bevölkerungszahl im Rahmen der internationalen Entwicklungsarbeit AUCH FÜR ANDERE LÄNDER unterstützt.

    Familienplanung als Begriff steht nicht unbedingt für die Förderung mehr Kinder zu bekommen.

    Eine Bevölkerungsdichte ähnlich Singapur hat z. B. die Stadt Basel. Nach Deinem Beispiel ist also in der Schweiz das Boot erst dann voll, wenn die gesamte Schweiz eine Bevölkerungsdichte wie die Stadt Basel hat? Wobei man berücksichtigen muss, das Hochgebirge und Wasserflächen nicht besiedelbar sind, die bewohnbaren Flächen also noch dichter besiedelt werden müssen? Vielleicht wie Genf, mit über 12’000 Einwohnern pro Quadratkilometer? Oder sollte man Seen zuschütten (wie man das in Singapur macht, Landgewinnung aus dem Meer)?

    Die Schweiz mit ihrer aktuellen Bevölkerungsdichte hat fast 10% landwirtschaftlich genutzte Fläche, Singapur mit der 35-fachen Bevölkerungsdichte gerade mal knapp 1.5%. Ist das ein gesundes Verhältnis? Singapur muss selbst Trinkwasser aus anderen Staaten importieren.

    Ich habe mit Ecopop nichts zu tun, habe auch von der Initiative gerade erst diese Woche im Radio gehört, aber mich ärgert wenn Leute über Initiativen entscheiden ohne diese wirklich verstanden zu haben.

  2. Und ich denke du hast nicht ganz verstanden was ich geschrieben habe. Zumindest dürftest du diese Aussage übersehen haben:

    „Die Initiative will die Zuwanderung auf 0,2% von rund 8 Millionen Einwohnern beschränken. Angenommen, es wandert keiner aus, dann können lediglich lächerliche 16’000 Leute einwandern.“ Angenommen, es ist so wie du sagt und das Wachstum infolge Zuwanderung wird mit der Abnahme infolge Auswanderung verwechnet: Wandert keiner aus, dann können lediglich lächerliche 16’000 Leute einwandern. Wenn das Wort „Angenommen“ verwendet wird, dann geht der Schreiber von einer „Annahme“ aus.

    Auch dass der Bund 10% seiner Entwicklungsausgaben für die freiwillige Familienplanung ausgeben soll, habe ich verstanden. Doch ich habe mich da einfach gefragt, was das mit der Plafonierung der Schweizer Bevölkerung zu tun hat. Es kann doch nicht die Aufgabe der Schweiz sein im Ausland die Familienplanung zu unterstüzten. Ich halte das einfach für einen Schwachsinn.

    Beim Betrachten meines Vergleichs zwischen der Schweiz und Singapur sollte dir eigentlich aufgefallen sein, dass es dazwischen noch viel Raum gibt. Nochmals: Zwischen 193 Einwohnern pro Quadratkilometer und 7000 Einwohnern pro Quadratkilometer gibt es noch viel Spielraum! Ich gehe davon aus, dass wir auch noch mit z.B. 300 Einwohnern pro Quadratkilometer also etwas über 12,3 Millionen Einwohnern immer noch gut leben könnten. Es ist alles eine Frage der Organisation. Dazu muss man überhaupt nicht das ganze Land zubetonieren wie uns einige Leute weissmachen wollen. Es ist möglich den Wohnraum in bereits besiedelten urbanen Zentren und ihren Agglomerationen besser zu nutzen. Dies indem man z.B. mehr Hochhäuser und allenfalls höhere Hochhäuser baut. Gerade in Städten wie Zürich wäre das überhaupt kein Problem wie der Primetower beweist. Ich könnte mir sogar noch höhere Hochhäuser als den Primetower vorstellen. In den USA hat man schon vor 100 Jahren höhere Gebäude gebaut. Der Prime Tower in Zürich ist 126 Meter hoch. Das Singer Building in New York, welches 1908 erbaut wurde, hatte eine Höhe von 187 Metern! Wir Schweizer hinken den USA was den Bau von Hochhäusern anbelangt also über 100 Jahre nach.

    Mich ärgert es übrigens, wenn mir dreiste Leute zu Unrecht unterstellen etwas nicht verstanden zu haben!

  3. Die Initiative will nicht die Zuwanderung auf 0.2% begrenzen, sondern die Zuwanderung deckeln wenn dadurch die Bevölkerung um mehr als 0.2% im Jahr steigt. Gäbe es eine höhere Sterbe- als Geburtenrate (was im Moment nicht der Fall ist, in einzelnen Jahren aber bereits der Fall war), wäre auch ohne Auswanderung eine höhere Einwanderungsquote möglich. Weil Du das nicht berücksichtigst, ist Deine Annahme falsch.

    Das Du davon ausgegangen bist das der Bund mit 10% seines Entwicklungshilfebudgets Familienplanungsprojekte im eigenen Land unterstützen soll geht aus Deinem Text eindeutig hervor („freiwillige Kastration seiner Bürger“). Diese Annahme ist jedoch auch falsch. Die Unterstützung von Projekten zur Familienplanung in Entwicklungsländern mit hoher Armut ist genauso sinnvoll wie jede andere Art Entwicklungshilfe. Kinder die durch Empfängnisverhütung gar nicht erst zur Welt kommen müssen nach ihrer Geburt nicht verhungern.

    Wenn Du erklärst in der Schweiz wäre das Boot noch lange nicht voll und als Beispiel einen Stadtstaat mit 7’000 Einwohnern pro Quadratkilometer wählst, musst Du Dir die Gegenfrage gefallen lassen, ob Du in der Schweiz eine flächendeckende Bevölkerungsdichte wie in Basel haben möchtest. Wenn Du eine Bevölkerungsdichte von 300 Menschen pro Quadratkilometer noch für akzeptabel hältst (wie durchaus ich auch) wähle ein entsprechendes Beispiel. Ich bin übrigens auch ein Befürworter davon eher in die Höhe als in die Breite zu bauen, und bedauere die deutlich sichtbare starke Zersiedelung in der Schweiz. Was Dein Beispiel New York angeht: die USA haben eine Bevölkerungsdichte von gerade mal 32 Einwohnern pro Quadratmeter, trotz Wolkenkratzern. Wenn Du mal europäische Länder vergleichst wirst Du feststellen das die Bevölkerungsdichte in der Schweiz deutlich überdurchschnittlich ist. Deutschland, England und Italien haben eine höhere Dichte, aber auch nicht einen so grossen Anteil unbewohnbarer Fläche wie die Schweiz (Hochgebirge/Seen), Frankreich, Spanien und Österreich deutlich weniger.

  4. Meinte natürlich hinsichtlich USA eine Bevölkerungsdichte von 32 Einwohnern pro QuadratKILOMETER, nicht pro QuadratMETER.

  5. Frank, bitte lies doch mal den Initiativtext. Dort steht klipp und klar:

    „Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen.“

    Für mich bedeutet das, dass die Bevölkerung „infolge Zuwanderung“ nicht mehr als um 0.2 Prozent pro Jahr wachsen darf. Von natürlichem Wachstum oder davon, dass die Zuwanderung mit der Auswanderung verrechnet werden soll steht rein gar nichts. Falls doch, sag mir wo! Es geht nur um Wachstum „infolge Zuwanderung“. Übrigens noch im dreijährigen Durchschnitt. Warum im dreijährigen Durchschnitt? Damit sie „nur“ alle 3 Jahre eine Volkszählung durchführen müssen?

    Meiner Meinung nach kann die Bevölkerung eines Landes auch durch natürliches Wachstum zunehmen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Geburtenrate steigt, die Lebenserwartung zunimmt und immer weniger Menschen infolge Unfällen, Krankheiten und Verbrechen ums Leben kommen. Wenn die Bevölkerung dann also infolge natürlichen Wachstums pro Jahr um 1% wächst und dann noch zusätzlich wegen Zuwanderung um 0.5%, dann würde die Initiative nur die 0.5% betreffen. Die Bevölkerung könnte aber trotzdem um 1.2% weiter wachsen.

    Übrigens: Was machen die, wenn sie im März feststellen, dass die Bevölkerung infolge Zuwanderung bereits um 0.2% gestiegen ist? Sagen die den Einwanderungswilligen dann schon im März, dass das Boot voll ist und dass sie bis zum 1.1. des nächsten Jahres warten sollen? Für mich ist klar, diese Initiative ist ein fertiger Schwachsinn. Alleine schon der Bürokratie wegen, die dieser komplizierte und aufwändige Unsinn wieder kostet.

  6. Im Initiativtext ist nicht von einer Einwanderungsquote die Rede, sondern von der „ständigen Wohnbevölkerung“, die nicht mehr als 0.2% im Jahr wachsen darf infolge Zuwanderung. Wenn die Wohnbevölkerung auf natürliche Art und Weise um 0.1% wächst ist meiner Meinung nach gemäss Initiative die Zuwanderung auf max. weitere 0.1% zu begrenzen, weil sonst „infolge Zuwanderung die Wohnbevölkerung auf über 0.2% steigt“. Sinkt die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz auf natürliche Art und Weise um 0.1% wären 0.3% Zuwanderung erlaubt.

    Der Teil des Initiativtexts ist allerdings wirklich nicht einfach zu verstehen, vielleicht hast Du recht, vielleicht ich. Übrigens wächst die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz zur Zeit auch auf natürliche Weise: zur Zeit ist die Geburtenrate höher als die Sterberate.

    Die Antwort, warum man mit den 0.2% Zuwachsrate auf einen 3-Jahres-Durchschnitt abzielt gibst Du Dir meiner Meinung nach selbst, allerdings ohne es zu merken: ich nehme an, man möchte soweit flexibel sein, um Zuwanderungsspitzen (eben wenn man im März feststellt …) nicht zu kurzfristig ausgleichen zu müssen.

    Ich bin auch kein Fan dieser Initiative, ich setze hier auf Selbstregulierung. Zuwanderer kommen so lange wie es Jobs und Wohnraum hat, irgendwann ist das Boot buchstäblich voll.

  7. Das sehe ich eben anders Frank, hier nochmals der genaue Wortlaut der Initiative:

    “Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen.”

    Das steht nichts davon, dass die Zuwanderung weniger als 0.2 Prozent sein muss, wenn die Bevölkerung infolge von natürlichem Wachstum um z.B. 0.1% gewachsen ist. Es heisst wirklich nur, dass das Wachstum infolge Zuwanderung nicht mehr als 0.2% sein darf.

    Was du machst, ist einfach etwas hineininterpretieren, was man zwar machen könnte, was aber schlicht und einfach nicht im Initiativtext steht. Das Problem ist doch, wenn wir über etwas abstimmen, dann sollte es doch keinen Interpretationsspielraum mehr geben. Die Leute müssen doch wissen über was sie abstimmen und verstehen um was es geht. Schon alleine deshalb ist diese Initiative abzulehnen.

    Ich bin dafür, dass in Städten wie Zürich Wolkenkratzer gebaut werden dürfen. So können wir bereits bebaute Gebiete effizienter nutzen ohne zusätzliches Land zu verschwenden. Zürich möchte ja DownTown Switzerland sein. Also soll es auch so aussehen. In Basel und Genf könnte ich mir auch ein paar Wolkenkratzer vorstellen. So könnte z.B. ein Business-Center der UBS in Zürich aussehen, es würde die Kraft des Schweizer Finanzplatzes gebührend repräsentieren:

    Auch Dörfer könnten den Wohnraum mit z.B. vierstöckigen Mehrfamilienhäusern besser nutzen. Sowas kann ohne weiteres in einem Dorf oder einer ländlichen Region stehen und mehreren Familien Wohnraum bieten:

  8. Lieber Frank und lieber Alexander

    Die Initiative mag Schwachstellen haben, Tatsache ich, dass die weltweiten Probleme gelöst werden müssen.
    Davon haben wir in der Schweiz eine ganze Menge:
    – Bevölkerungswachstum (egal ob selbst gemacht oder zugewandert)
    – Ressourcenverschleiss
    – ungebremste Zuwanderung durch EU-Personenfreizügigkeit und Asylbewerber
    – Energieverbrauch
    – Infrastruktur-Ausbau
    – Umweltschäden durch extreme Wetterereignisse
    – Folgen des Klimawandels
    – Bodenversiegelung ….
    Der Club of rome hat bereits in den 1970-er Jahren über die Grenzen des Wachstums sinniert, auch wenn die Voraussagen nicht präzise sind und laufend korrigiert wurden: Die Grundaussage bleibt. Wir können nicht ins Unendliche wachsen.
    Mir persönlich sind 8 Millionen Menschen in der Schweiz bereits zu viel!
    Egal was für Vorstellungen über Freiheit und Wachstum Sie beide haben. Es gibt in der Weltgeschichte genügend Beispiele, was passiert, wenn zu viele Menschen auf zu engem Raum zusammenleben müssen.
    Der Ansatz von Ecopop ist gutzuheissen, weil viele Probleme auf diesem Planeten durch zu fruchtbare Menschen entstehen, welche dann um die knappen Ressourcen kämpfen und dadurch Flüchtlinge produzieren.
    Ist es also nicht klug, in übervökerten Ländern in Familienplanung zu inverstieren?
    Der Westen oder die industrialisierten Länder, die greifen erst ein, wenn eine Hungersnot akut ist oder bei einem vermeidbaren Krieg Flüchtlinge zu betreuen und aufzunehmen sind.
    Die Schweiz kann diese Probleme sicher nicht alleine lösen, die Bemühungen gehen aber genau in die richtige Richtung: Das Signal muss gehört werden. Wir können so nicht weitermachen, sonst schlagen sich unsere Nachfahren die Köpfe ein, bevor sie verhungern.

  9. Hallo Serafin, könntest du bitte konkreter werden. Es gibt viele Probleme und Herausforderungen auf dieser Welt. Von welchen sprichst du??? Die Eco-Pop-Initiative schafft meiner Meinung nach mehr Probleme als sie Probleme löst.

  10. Lieber Alexander, Frank et al

    Als Initiativkomitee-Mitglied hier ein paar Erläuterungen zum Initiativtext.

    Die Kritik von Alexander an Ziffer 1 ist interessant, weil die Bundesverfassung im bereits bestehenden Artikel 73 (Nachhaltigkeit) genau die von Alexander monierten Ziele verlangt. Insofern kritisierst Du nicht Ecopop sondern unsere aktuelle Verfassung. Ist dieses Nachhaltigkeits-Ziel falsch? Oder ist es falsch, Ziele in der Verfassung zu formulieren, welche wir heute oder in naher Zukunft (noch) nicht erreicht haben aber gerne erreichen möchten? Ziffer 1 der Initiative verlangt lediglich, dass bei der Verfolgung von Artikel 73 auch die Bevölkerungszahl berücksichtigt werden muss – eine ökologische Binsenwahrheit, welche in unserer Politkultur zur Zeit tabuisiert wird.

    Betreffend Ziffer 2 hat Alexander hat Recht, die Formulierung beschränkt bewusst nur das Bevölkerungswachstum aufgrund Zuwanderung, nicht aber aufgrund des Geburtenüberschusses. Zur Zeit liegt der Geburtenüberschuss bei knapp über 0.2%, zusammen mit der verlangten Beschränkung der Zuwanderung würde ein totales Bevölkerungswachstum von 0.4% – 0.45% nach Annahme der Initiative resultieren. Zum Vergleich: in der EU-27 betrug 2010 das Bevölkerungswachstum 0.28%, davon rund 2/3 aus Zuwanderung. Nach Annahme der Initiative würde die Schweiz sowohl beim Geburtenüberschuss als auch bei der Zuwanderung deutlich höher liegen. Aus einer Nachhaltigkeitssicht ist ein Wachstum von über 0.4% zu hoch, insofern möchte Ziffer 2 nur eine massvolle „Entschleunigung“ des aktuell sehr hohen Wachstums sicherstellen.

    Weshalb haben wir im Falle der Schweiz nur die Zuwanderung beschränkt? (i) Da seit über 40 Jahren die Anzahl Kinder pro Frau deutlich unter 2 liegt macht eine weitere Senkung der Kinderzahl kein Sinn und würde politisch auch kein Verständnis finden. (ii) Im Moment dominiert die Zuwanderung zu über 80% das Bevölkerungswachstum in der Schweiz, ergo muss eine Stabilisierung diesen Hauptfaktor adressieren.

    Noch ein paar Gedanken zur Formulierung „im dreijährigen Durchschnitt“. (i) In der praktischen Umsetzung gibt es eine ganze Reihe von zeitlichen Herausforderungen; z.B. muss die Zielvorgaben für die Zuwanderung Anfang Jahr gesetzt werden, während der zugrundeliegende Stand per Ende Vorjahr noch gar nicht bekannt ist. Eine präzise Steuerung in jedem Jahr wäre schwierig. (ii) Wir lassen bewusst eine gewisse zeitliche Flexibilität im Hinblick auf wirtschaftliche Zyklen oder humanitäre Notsituation zu. Die gewählte Formulierung erlaubt in einzelnen Jahren eine deutlich über 0.2% liegende Nettozuwanderung, eine solche müsste aber innert 3 Jahren kompensiert werden.

    Betreffend Familienplanung noch dies. In Ziffer 3 wiederholt die Ecopop-Initiative lediglich etwas, was es bereits gibt: seit 1968 ist die Familienplanung ein UNO-Menschenrecht. Im Kern verlangt dieses Menschenrecht sexuelle Aufklärung, Zugang zu Verhütungsmittel und kein Zwang durch Dritte (Staat, soziale Gruppe, usw.) bei der Reproduktion. Insofern verletzt z.B. die 1-Kind-Politik Chinas dieses Menschenrecht genauso wie unsere Entwicklungshilfe, welche den Zugang zu Verhütungsmittel absichtlich ignoriert und von Hilfsprogrammen ausklammert. Die UNO hat dieses Menschenrecht aus offensichtlichen Gründen schon so früh stipuliert, u.a. weil viel menschliches Elend mit ungewollten Schwangerschaften und Kindern zusammenhängt, aber auch weil das sehr hohe Bevölkerungswachstum in den ärmsten Ländern als eines der grössten Hindernisse für die wirtschaftliche Entwicklung und die langfristige ökologische Verträglichkeit betrachtet wird. Zur Zeit schätzt die UNFPA dass über 220 Mio Frauen in Entwicklungsländer keinen Zugang zu Verhütungsmittel haben, dass rund 80 Mio Frauen pro Jahr ungewollt schwanger werden, und dass daraus viele Millionen ungewollte Kinder entstehen. Da die Weltbevölkerung um rund 80 Mio pro Jahr zunimmt ist klar, dass alleine schon mit freiwilliger Familienplanung ein wesentlicher Schritt Richtung stabiler Weltbevölkerung getan werden könnte, und dabei gleichzeitig den Frauen und Familien, den ärmsten Ländern und dem Planeten Erde geholfen werden könnte.

  11. Lieber Benno

    Ich kann aus dem Nachhaltigkeitsartikel in der Bundesverfassung (Art. 73) die Notwendigkeit für die Plafonierung unserer Bevölkerung nicht heraus interpretieren.

    In Artikel 73 heisst es:

    „Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an.“

    Für mich heisst das, dass Bund und Kantone einen nachhaltiges und ein ausgewogenes Verhältnis zur Natur und deren Nutzung durch den Menschen anstreben. Da steht nichts davon, dass die Bevölkerung plafoniert werden soll.

    Eine höhere Bevölkerungsdichte führt nicht zwingend zur Zersiedelung des Landes. Wenn sich die Mehrheit der Bevölkerung rund um die Ballungszentren (Zürich, Genf, Basel) ansiedelt, dann gibt es keine Zersiedelung des Landes. Dem Artikel 73 entspricht man meiner Ansicht nach mit einer Vernünftigen Siedlungspolitik, mit Nationalparks und Ruhezohen sowie einer nachhaltigen Landwirtschaft, welche auf die Natur rücksicht nimmt. Zur Siedlungspolitik: Wen stört es, wenn in Zürich ein paar Wolkenkratzer stehen? In anderen Grossstäden, sogar im alten Europa, ist dies längst Realität. Paris hat bereits seit 1889 ein 324 Meter hohes Gebäude, den Eiffelturm. Der Eiffelturm war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung der Wolkenkratzer. Stahlkonstruktionen wie jene des Eiffelturms ermöglichten den Bau von Wolkenkratzern. Schon im 19. Jahrhundert machten sich die Bewohner grosser Städte also schon Gedanken über die effiziente Nutzung von Bauland.

  12. Lieber Alexander

    Genau, Artikel 73 lässt die Anzahl Menschen ungenannt. Wenn die Politik tatsächlich die Bundesverfassung ernst nehmen würde, müsste der Aspekt der Menschenzahl auch gar nicht extra erwähnt werden, weil nämlich der Bund dies sowieso tun würde, da er sonst das Ziel der Nachhaltigkeit nicht erreichen kann. Also: genau deshalb braucht es Ziffer 1 der Initiative, damit wir dem Ziel des bestehenden Artikel 73 einen Schritt näher kommen.

    Die von Dir empfohlene Verdichtung („Wolkenkratzer“) ist eines der vielgenannten Patentrezept. Aber gegen oder für was ist es gut? Lass mich ein paar Aspekte herausgreifen.

    1) Betreffend Nachhaltigkeit der Schweiz nützt Verdichtung nichts, weil wir heute einen ökologischen Fussabdruck von über 4 haben, und mit dem Zuzug von mehr Menschen der Fussabdruck der Schweiz zunimmt (ceteris paribus), weil mehr Menschen auch mehr Ressourcen benötigen.

    2) Betreffend Zersiedelung sei als erstes erwähnt, dass die Wohnfläche pro Kopf und ähnliches nicht ausschlaggebend ist. Es zählt vielmehr die Siedlungsfläche, welche auch Strassen und Schienen, Plätze, Fabriken, Freizeitanlagen, Einkaufszentren, usw. usf. umfasst, und bei über 400 Quadratmeter pro Kopf liegt. Und hier liegt genau das Problem: die Menschen leben nicht einfach in einer Wohnung im 20. Stock ohne sich zu rühren, sondern haben ein Auto, müssen Einkaufen, Arbeiten, wollen Freizeit geniessen usw. All dies braucht letztlich viel mehr Platz als nur gerade das Wohnen. Verdichtetes Wohnen kann somit nur wenig Linderung betreffend wachsendem Flächenverbrauch geben.

    3) Wenn – zweitens – die Arealstatistik des Bundes angeschaut wird, ergibt sich folgendes Bild: Am Wachstum der Siedlungsfläche war das Bevölkerungswachstum von 1965-82 zu 18%, von 82-94 zu 72%, und von 1994-2006 zu 79% beteiligt. Seit der vollen Personenfreizügigkeit im 2007 kennen wir keine aktuellere Statistik, aber der Anteil dürfte deutlich über 80% liegen. Salopp gesagt haben unsere Eltern und Grosseltern sich grössere Wohnungen gebaut, heute bauen wir für die Zuwanderung.

    4) Neben der abstrakten Grösse „Nachhaltigkeit“ gibt es konkrete subjektive Aspekte von Lebensqualität. Urbanität hat genauso eine Qualität wie Ländlichkeit, Ruhe und Natur. Je nach Lebensabschnitt und persönlichen Präferenzen ist das eine oder andere attraktiver. Im Moment bietet die Schweiz beides, urbane Räume aber auch ruhige naturnahe Gebiete. Durch den starken Bevölkerungsdruck wird diese zweite Qualität notwendigerweise leiden. Wollen wir das? In diesem Zusammenhang ist interessant, wie viel Zustimmung wir gerade von Menschen mit Migrationshintergrund für die Ecopop-Initiative gesehen haben: viele wollen diese Lebensqualität bewahren.

    5) Es gibt Leute die meinen, es spiele für die globale ökologische Belastung keine Rolle, ob jemand in der Schweiz oder sonst wo lebt. Ergo wäre Migration ökologisch neutral. Nun kommen ja die meisten Zuwanderer wegen der Aussicht auf höheren Lohn in die Schweiz. Z.B. ist gemäss BfS der durchschnittliche, kaufkraftbereinigte Lohn in Portugal ca. halb so gross wie in der Schweiz, und betreffend Afrika kann von einem Faktor 10 oder mehr ausgegangen werden. Was heisst das? Da die höhere Kaufkraft letztlich in tatsächlichen Konsum fliesst, wächst mit der Migration in die Schweiz der globale ökologische Fussabdruck entsprechend.

    6) Ist es wünschenwert — wirtschaftlich genauso wie sozial — dass wir europweit zu einem Kapitalmagnet werden, welches in der Folge zu einer gigantischen Kapitalakkumulation in der Schweiz führt, und die Menschen zwingt, hierher zu kommen? Sollen die Menschen dem Kapital folgen, oder das Kapital zu den Menschen?

  13. Lieber Benno

    Ich habe folgende Einwände. Auch mit einer Begrenzung der Zuwanderung könnte sich die Schweizer Bevökerung nicht selbst versorgen. Trotz Milliardensubventionen ist unsere Landwirtschaft nämlich bei weitem nicht in der Lage die bestehende Bevölkerung mit ausreichend Nahrung zu versorgen. Wir Schweizer wären immer noch auf Waren- und Energieströme aus dem Ausland angewiesen. Übrigens nicht nur was Nahrungsmittel anbelangt. Auch Erdöl, Erdgas, Nahrungsmittel, Textilien usw. müssen wir importieren wenn wir unseren behaglichen Lebensstandard halten wollen.

    Ohne ausländische Arbeitskräfte wären die Löhne in der Schweiz wahrscheinlich noch höher. Was wiederum der Wirtschaft schaden würde, da diese ohnehin bereits mit dem starken Franken und hohen Kosten (Löhne usw.) zu kämpfen hat. Die Landwirtschaftsprodukte würden ohne Saisoniers aus dem Ausland teurer. Es würde Pflegepersonal fehlen, an Baustellen würden mehrheitlich nur noch Schweizer Architekten, Hochbauzeichner, Ingenieure und Poliere herumgeistern. Die einfachen Bauarbeiter, welche die harte körperliche Arbeit verrichten, würden zu grossen Teilen fehlen. Weil die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes schaden nehmen würde, würde auch der Wohlstand flöten gehen und zuerst der Konsum, dann die Investitionen sinken und infolge dessen die Arbeitslosigkeit zunehmen. Das Schrumpfen der wirtschaftlichen Leistung hätte auch eine Auswirkung auf Steuergeldeinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Eine Abwärtsspirale wäre zu befürchten, wenn wir die Zuwanderung stoppen und damit unseren Wohlstand gefährden.

    Verdichtetes Bauen beugt der Zersiedelung des Landes vor. Für mich ist das deshalb wichtig, weil wir den Lebensraum auch mit Wildtieren teilen, für die wir Grünflächen erhalten müssen.

    Dass die Zuwanderung zu einem erhöhten Bedarf an Waren und Dienstleistungen führt, bestreite ich nicht. Doch das ist ja der Motor unserer Gesellschaft. Vorausgesetzt, dass infolge des starken Frankens und unserer Hochpreisinsel nicht immer mehr Schweizer im angrenzenden Ausland einkaufen. Die Kaufkraft höherer Löhne ist meiner Meinung nach ein Märchen. Was nützt es mir, wenn ich 20% mehr verdiene als eine vergleichbare Arbeitskraft in Deutschland, wenn diese Produkte, Dienstleistungen und Miete 50-80% günstiger beziehen kann als ich? Dann hat zwar die Arbeitskraft in D weniger Geld aber sie kann sich trotzdem mehr leisten. Das ist der Nachteil der Hochpreisinsel, welche die höheren Löhne wieder wettmacht. Als ich im Urlaub auf Ibiza war, erfuhr ich, dass ich etwa doppelt soviel bezahlt hatte wie deutsche Reisende. Eine Reisefachfrau riet mir künftig von München aus zu fliegen. Das war mir allerdings zu umständlich, denn wenn ich in Zürich wohne, dann will ich doch nicht nach München gehen um von dort zu fliegen. Aus zeitlicher Sicht ein Unsinn, hätte es sich aus finanzieller Sicht gelohnt.

    Wir sind nicht der einzige Magnet auf dieser Welt. Das Einwanderungsland USA hat einen WALL an der Grenze zu Mexiko errichtet. Eingebürgerte US-Bürger dürfen niemals Präsident werden. Sie können nur wie Arnold Schwarzenegger Gouverneur werden. Bei uns könnten Eingebürgerte Bundesrat werden. (Einfach damit das auch einmal gesagt ist.) Schau dir Metropolen wie Singapur und Hongkong an. Auch diese Drehscheiben haben sich in den vergangenen 100 Jahren massiv entwickelt.

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