OECD-Brief von Bundespräsident Merz

Von Alexander Müller veröffentlicht am 4. Mai 2009 | 2.306 mal gesehen

Am 28. April 2009 hat unser Bundespräsident Hans-Rudolf Merz den lange angekündigten Protestbrief an Angel Gurria, den Generalsekretär der OECD geschickt. Merz verlangt dabei Auskunft über das umstrittene Verhalten der OECD und betont gleichzeitig, dass die Schweiz bereit ist sich konstruktiv an der Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit in Steuersachen zu beteiligen. Er nennt dafür allerdings ein paar entscheidende Voraussetzungen. So sollte nach Auffassung unseres Bundesrates der OECD-Standard überall auf gleiche und transparente Weise umgesetzt werden.

Merz ersucht das OECD-Sekretariat zudem OECD-Mitgliedstaaten zu konsultieren bevor Schritte unternommen werden und erinnert daran, dass Beschlüsse einvernehmlich zu fassen sind.

Anbei die Fragen, welche Merz an Guerra gestellt hat. Sie machen deutlich wie unsauber in solch internationalen politischen Organisationen zuweilen zulasten von kleinen Mitgliedstaaten gearbeitet wird wenn massiver Druck von Grossmächten ausgeübt wird.

Fragen von Merz an Gurria:

1. Wie wurden die von der „grauen Liste“ betroffenen Länder in deren Erarbeitung einbezogen?

2. Welche qualitativen und quantitativen Kriterien wurden auf die in der Liste aufgeführten Länder angewendet?

3. Warum stehen gewisse G-20-Staaten nicht auf dieser Liste? Hat die OECD den Stand dieser Länder bei der internationalen Zusammenarbeit in Steuersachen untersucht?

4. Nach welchem Verfahren wird die Umsetzung des OECD-Standards beim Informationsaustausch überwacht?

5. Wird die OECD der Qualität und der raschen Verfügbarkeit der ausgetauschten Informationen Rechnung tragen?

6. Wer wird nötigenfalls Sanktionen vorschlagen? Nach welchem Verfahren werden Sanktionen beschlossen und auferlegt?

7. Wie wird der in der Verlautbarung der G-20-Staaten verwendete Begriff «Steueroasen» definiert? Werden Länder und Hoheitsgebiete, welche den OECD-Standard weitgehend umgesetzt haben, nach den Kriterien der OECD weiterhin als Steueroasen betrachtet?

Alleine die Tatsache, dass der höchste Regierungsvertreter unseres Landes solche Fragen stellen muss, macht deutlich welche Rolle die Schweiz innerhalb der OECD spielt. Zum Zahlen sind wir offenbar willkommen, zum Mitreden nicht. Man hält es noch nicht einmal für nötig unsere Landesregierung über OECD-Beschlüsse (die eigentlich einstimmig unter Beteiligung sämtlicher OECD-Mitgliedstaaten, also auch der Schweiz, getroffen werden müssten) zu orientieren.

PS: Kopien des Briefes wurden an Alistair Darling, Finanzminister von Grossbritannien und Mario Draghi vom Forum für Finanzstabilität geschickt. Das Financial Stability Forum wurde 1999 von den G7 Grossmächten gegründet um die Stabiliät des internationalen Finanzsystems zu stärken, die Funktionsfähigkeit der Märkte zu verbessern und Systemrisiken zu vermindern.

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