Mehrwertsteuerprivileg für die Gastronomie?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 31. August 2014 | 9.872 mal gesehen

Das Gastgewerbe will ein Mehrwertsteuerprivileg. Deshalb hat es die Volksinitiative «Schluss mit der Mehrwertsteuer-Diskriminierung des Gastgewerbes!» lanciert, über welche wir am 28. September 2014 abstimmen. Doch ist ein Mehrwertsteuerprivileg für eine einzelne Branche wirklich sinnvoll?

Bei der Mehrwertsteuer handelt es sich um eine Konsumsteuer. Das bereits besteuerte Einkommen und Vermögen von Konsumenten wird beim Kauf von Gütern und Dienstleistungen noch einmal besteuert. Zum Schutz von Partikularinteressen von einzelnen Branchen mit starken Lobbys, gibt es in der Schweiz drei verschiedene Mehrwertsteuersätze und 25 Ausnahmen. Der Normale Steuersatz für die Mehrwertsteuer beträgt 8%, für Güter des Grundbedarfs gibt es einen reduzierten Satz von 2,5% und für Hotels und Herbergen gibt es einen Sondersatz für die Beherbergung von 3,8%.

Das Gastgewerbe möchte ebenfalls in den Genuss des reduzierten Satzes von 2,5% kommen. Es rechtfertigt seine Forderung damit, dass die steuerliche Ungleichbehandlung zwischen Imbissständen und Restaurants nicht nachvollziehbar sei. Um dies zu veranschaulichen hat es den inzwischen bestens bekannten Bratwurstvergleich gebracht. So ist es laut dem Gastgewerbe nicht in Ordnung, dass eine an einem Imbissstand gekaufte Bratwurst nur zu 2,5% und eine im Restaurant gekaufte Bratwurst mit 8% Mehrwertsteuer besteuert wird.

Es gibt aber schon einen Unterschied zwischen Imbissständen und Restaurants. Restaurants bieten mehr Leistungen als ein Imbissstand. Das sieht man alleine schon an der Tatsache, dass die Rechnungen in Restaurants wesentlich höher sind als jene von Imbissständen. Jemand, der im Einkaufszentrum eine Bratwurst, ein Brot und eine Flasche Mineralwasser kauft, erwirbt damit Güter zur Deckung seines Grundbedarfs. Die Leistungen von Restaurants dienen jedoch eindeutig nicht der Deckung des Grundbedarfs. Er erhält dort nicht bloss eine heisse Wurst sondern ganze Menüs, die von einem Koch zubereitet wurden. Ausserdem muss er die Wurst nicht an einem Stehplatz oder auf der Strasse verdrücken, denn er hat einen gemütlichen Platz in einer Beiz. Somit ist jedem klar, dass er  im Vergleich zu einem Imbissstand im Restaurant einen Mehrwert an Leistungen erhält und somit auch eine höhere Rechnung erhält.

Wie hoch der neue Steuersatz für die Güter des Grundbedarfs wird wenn die Initiative des Gastgewerbes angenommen wird, ist noch offen. Im Wortlaut der Initiative ist keine konkrete Zahl genannt.  Bei einer Senkung des Mehrwertsteuersatzes für das Gastgewerbe auf 2,5% würden dem Bund gemäss Angaben des Bundesrats rund 750 Millionen Franken an Einnahmen fehlen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bund den bisherigen Satz für den Grundbedarf von 2,5% erhöhen würde. Dies um den Steuerausfall zu kompensieren. Denn im Initiativtext wird ja nur verlangt, den Satz für das Gastgewerbe an jenen für den täglichen Grundbedarf anzupassen, wie hoch der Satz für den Grundbedarf sein darf, steht nicht.

Was hätte die Erhöhung des reduzierten Satzes für den Grundbedarf für uns Konsumenten zu Folge? Richtig, wir würden alle mehr Mehrwerststeuer zahlen müssen, wenn wir im Einkaufszentrum Lebensmittel einkaufen. Bestraft würden also auch jene, die bisher keine Restaurantbesuche gemacht haben. Das, liebe Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, kann es doch echt nicht sein!

Es kann doch nicht sein, dass wir wegen der egoistischen Partikularinteressen einer einzigen Branche mehr für die Güter des täglichen Grundbedarfs zahlen sollen!!! Es wäre im übrigen noch völlig offen ob das Gastgewerbe den tieferen Mehrwertsteuersatz an die Konsumenten weitergibt. Es ist nämlich kaum denkbar, dass wegen einem ein paar Prozent tieferen Mehrwertsteuersatz plötzlich mehr Menschen ins Restaurant gehen. Die Ersparnis wäre minim. Bei einem Menu zum Preis von 25 Franken zahlt man heute 2 Franken Mehrwertsteuer. Nach einer Annahme der Initiative würde man bei einem reduzierten Satz von z.B. 4% noch 1 Franken zahlen. Mir muss keiner erzählen, dass er wegen einem Franken, den er weniger bezahlen müsste, öfter ins Restaurant ginge. Schlimmer würde es aber alle treffen, die heute für ihre Lebensmittel neu z.B. 4% anstatt wie bisher 2,5% zahlen müssten. Denn wer einen Haushalt hat, der geht ja wohl häufiger ins Einkaufszentrum als ins Restaurant um seinen täglichen Grundbedarf an Lebensmitteln zu decken. Oder?!

Deshalb rate ich euch am 28. September 2014 NEIN zur Volksinitiative  «Schluss mit der Mehrwertsteuer-Diskriminierung des Gastgewerbes!» zu stimmen.

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2 Gedanken zu „Mehrwertsteuerprivileg für die Gastronomie?“

  1. Ach, was! Haben Sie sich schon einmal überlegt, dass der Bund einen Steuerausfall erleidet, wenn er der Gastro-Branche ein Steuerprivileg gewährt? Das muss wieder hereingeholt werden. Und da die Initianten der Initiative nicht zu Ende gedacht haben und vergessen haben den Steuersatz in der Initiative festzulegen, da liegt es eben auf der Hand, dass der Bund dann den reduzierten Satz von 2.5% für den Güter des Grundbedarfs anhebt. Die Initianten wollen ja lediglich mit dem reduzierten Satz besteuert werden. Also hebt der Bund halt den reduzierten Satz an und die Einkommenseinbusse ist behoben. Das bedeutet dann aber, dass Sie für die Lebensmittel in der Migros mehr bezahlen müssen. Wollen Sie das? Am Ende ist der Konsument der Beschissene und die Gastronomie gewinnt nicht wirklich dazu. Deshalb Nein zu dieser unsinnigen und schlecht durchdachten Initiative.

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