Besteht die Legislative aus lauter Dilettanten?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 28. Februar 2015 | 2.616 mal gesehen

In einem Artikel der NZZ wird die Meinung von Rechtsprofessor Alain Griffel wie folgt zitiert:

Am kommenden Montag beginnt in Bern die Frühlingssession. Dann treffen sich im Bundeshaus 246 Dilettanten, die keine Ahnung haben, wie man ein gutes Gesetz macht, und sich das von Rechtsexperten auch nicht beibringen lassen wollen.

Ich teile die Auffassung von Professor Griffel und mich erstaunt sein Befund nicht. Im Parlament haben wir Nationalräte mit mangelnden Gesetzeskenntnissen. So kannte zum Beispiel Christoph Mörgeli offenbar noch nicht einmal den unseligen Artikel 31 des Strafgesetzbuchs und verpasste deshalb prompt eine Frist. Dieser Artikel dient einzig dem Täterschutz und müsste dringend geändert werden. Dass dies nicht schon längst geschehen ist, ist nicht erstauntlich. Dies zumal selbst ein führender SVP-Exponent wie Mörgeli diesen Artikel offensichtlich nicht kannte. Christoph Mörgeli ist immerhin Mitglied der Legislative also der gesetzgebenden Gewalt. Die SVP stellt als grösste Partei die meisten Mitglieder der Kommissionen! Offenbar haben aber auch die SVP-Parlamentarier nichts gegen solche Gesetze unternommen. Denn selbst wenn sie von den anderen überstimmt worden wären, hätten sie ja zumindest die Öffentlichkeit über die Missstände aufklären können. Das haben sie aber nicht getan!

Christoph-Moergeli

Auch Mörgelis Parteikollege Hans Fehr machte in Bezug auf seine Gesetzeskenntnisse keine grosse Falle. Er wurde dabei erwischt, wie er scharz eine abgewiesene Asylbewerberin beschäftigte. Er und seine Frau behaupteten, es sei ihnen nicht bewusst gewesen, damit gegen ein Gesetz verstossen zu haben. Seine Frau ist übrigens Bezirksrichterin und seine Tochter hat einen Doktortitel der Rechtswissenschaften!

Hans-Fehr

Wie die NZZ richtig festellt, ist klar, dass es genügend Beispiele für missratene Gesetzesartikel in der Schweizer Gesetzgebung gibt. Schlecht und umständlich formulierte Bestimmungen und Normen, die im Widerspruch zu anderen Normen stehen, gibt es viele. Auch Gesetze, die den Willen des Gesetzgebers nicht korrekt wiedergeben.

Schlechte Politiker tendieren dazu für jedes Problemchen ein neues Gesetz zu schaffen. Sie wollen damit zeigen wie produktiv sie sind. Die Flut neuer Gesetze scheint offenbar die Experten der zuständigen Stellen im Bundesamt für Justiz und in der Bundeskanzlei zu überfordern, was zu Qualitätseinbussen führt. Dem zum Trotz vertritt die Berner Bundesverwaltung die Ansicht, dass die Schweizer Gesetzgebung im Vergleich zum „Ausland“ auf hohem Niveau sei. Da hat er natürlich Recht, denn in der Tat ist die Schweizer Gesetzgebung im Vergleich zu Ländern wie Nordkorea usw. natürlich fortschrittlich. Dennoch ist die  Kritik von Professor Griffel natürlich angebracht und berechtigt.

Der Rechtsstaat ritzt immer wieder die Rechtsstaatlichkeit und verunmöglicht faire Verfahren. So können es sich in der Schweiz oft nur noch ganz Reiche und ganz Arme leisten vor Gericht ihre Rechte geltend zu machen. Richter können in der Schweiz Kläger mit hohen Prozesskautionen davon abhalten, ihre Rechte geltend zu machen. Dieser finanzpolitische Täterschutz widerspricht grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien.

Der Dilettantenstadel in Bern erfordert dringend eine Aufsichtsbehörde, welche die gravierenden Fehler der Amateure der Legislative wieder korrigiert. Wir brauchen deshalb dringend ein Bundesverfassungsgericht.