Lehre für Lehrer ist Unsinn

Von Alexander Müller veröffentlicht am 24. März 2012 | 3.064 mal gesehen

Die SVP-Bildungskommission hat sich wieder einmal für einen Alleingang in der Bildungspolitik entschieden und wird damit wahrscheinlich scheitern.

Wer will schon seine Kinder zu einem Lehrer in die Schule schicken, der gerade in der Lehre ist?  Wie will ein Lehrer Kinder für ein Studium an einer Universität vorbereiten, wenn er selber keine Ahnung von Hochschulen hat?

Wohlverstanden, ich bin ein Anhänger des dualen Bildungssystems. Im Sinne von lebenslangem Lernen und Weiterentwicklung sollen auch Leute, die eine Berufslehre gemacht haben, Zugang zu einer Hochschule erhalten. Es würde jedoch dem Ansehen des Lehrerberufs schaden, wenn die pädagogische Ausbildung durch eine Lehre ersetzt würde.

Dass den Anforderungen der Wirtschaft nicht immer optimal entsprochen wird, liegt meiner Ansicht nach an einer zu vielfältigen Unterrichtsgestaltung und anderen Faktoren, welche die optimale Entwicklung von Kindern negativ beeinflussen. Doch hier stehen nicht nur die Lehrer sondern auch die Eltern und die Politiker in der Pflicht.

Um den Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden, reicht es Kindern Lesen, Schreiben, Rechnen, Geometrie, Biologie, Chemie, Physik und Anstand beizubringen. Für solche, die sich für handwerkliche Berufe interessieren mag auch noch Werken ein wichtiges Fach sein. Dort sollten Kinder lernen mit verschiedenen Werkstoffen zu arbeiten.

Jugendliche, die in die Berufswelt einsteigen, sollten über ein fundiertes Grundwissen verfügen und in der Lage sein eine fehlerfreie und saubere Bewerbung zu schreiben. Für die Weiterentwicklung sind dann die Berufsschulen und die Lehrmeister zuständig. Diese sind in der Lage, den von der SVP geforderten Praxisbezug sicherzustellen.

PS:  Kenntnisse in Geschichte, Politik, Philosophie, Religionen usw. wären zwar auch wichtig, doch diese benötigt man nicht zwingend um den Anforderungen der Berufswelt gerecht zu werden. Oder haben Sie schon mal gehört, dass ein Jugendlicher keine Lehrstelle erhalten hat, weil er nicht wusste wann Hannibal die Alpen überquert hat oder wann die Schlacht bei Sempach stattgefunden hat oder wieviele Frauen Heinrich VIII. hatte, wie Menschen im Mittelalter lebten oder wieviele Jahre Mohammeds Regentschaft dauerte? Und ein KV-Lehrling muss auch nicht unbedingt über den Sinn des Lebens Bescheid wissen. Den kennen ja zum Teil noch nicht einmal unsere Bundespolitiker.

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9 Gedanken zu „Lehre für Lehrer ist Unsinn“

  1. Ich betrachte die Lehre für den Lehrer nicht als à priori unsinniges Projekt :

    Was ist eine Lehre ?
    Eine Lehre ist eine Stelle, in der man seinen Beruf bereits ausübt, obwohl man die benötigten Fähigkeiten sich noch aneignen muss, und wo man bei der Aneignung dieser Fähigkeiten unterstützt wird, sich aber mit der Praxis bereits vertraut machen kann.
    Dass man sich dabei auch theoretisches Wissen (zum Lehrerberuf) erwerben muss, ist genauso selbstverständlich wie der zwingend nötige Besuch der Gewerbeschule für andere Lehren.
    Wird die Lehre zum Lehrer verstanden als eine auf die Praxis fokussierte Erlernung eines Berufs mit sinnvoller Ergänzung des theoretischen Wissens, dann hat sie genauso ihre Berechtigung wie die Ausbildung an einer pädagogischen Hochschule (welche ohne Praxisbegleitung ja ebenfalls ein untaugliches Mittel wäre)

    Das Schlagwort des lebenslangen Lernens kann sinngemäss umformuliert werden zur lebenslangen Lehre – beide Elemente sind für den Lehrerberuf gültig und unerlässlich, egal ob der Einstieg über die pädagogische Hochschule oder über die praxisorientierte Lehre erfolgt.

    Ich wünsche der SVP (und allen Kindern und Eltern), dass daraus ein möglichst gutes Konzept für diesen von ihr vorgeschlagenen alternativen Einstieg in den Lehrerberuf zustandekommt – über qualifizierte Leute, die einen guten Vorschlag auszuarbeiten imstande sind, wird sie zweifellos verfügen.

  2. Mir ist kein betriebswirtschaftlich geführtes Unternehmen bekannt, bei dem Lehrlinge massgebliche Projekte alleine durchführen. Im Gegenteil, die Globalisierung bringt es mit sich, dass gerade international tätige Unternehmen vermehrt akademisch gebildetes Personal suchen.

    Ich hätte wirklich keine Freude, wenn meine Kinder bei Auszubildenden in die Schule gehen. Unser Schulwesen ist teuer und da haben meine Kinder eine seriöse Ausbildung durch erfahrene und gut ausgebildete Lehrpersonen verdient.

    Natürlich gibt es eine regelrechte Bildungsindustrie, die an der Akademisierung viel Geld verdient. Doch die Systemumstellung ist längst erfolgt. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass man für eine hohe Qualität der Ausbildungen sorgt und darauf achtet, dass die Berufslehre weiterhin attraktiv bleibt. Die Berufslehre bleibt dann attraktiv, wenn man Leuten, die eine Lehre absolviert haben, eine Weiterbildungs-Perspektive offenhält und Sackgassen vermeidet. Wer eine Lehre absolviert hat, soll ein eigenes Unternehmen gründen können oder aber zumindest die Chance haben, sich weiterzubilden. Die Qualität der Ausbildung verbessert man indem man gut ausgebildetes und erfahrenes Lehrpersonal einsetzt, für ein gutes Lernklima sorgt, zu grosse Klassen vermeidet und auf intelligente Weise einen qualitativ hochwertigen Unterrichtsstoff vermittelt. Hochqualifizierte Pädagogen durch Auszubildende zu ersetzen ist meiner Ansicht nach der falsche Weg.

    Es kann nicht NUR darum gehen Praktiker zu erzeugen. Entscheidend ist, dass man den Bedürfnissen und Interessen der Kinder gerecht wird und diese die Möglichkeit erhalten später einmal das zu tun, was sie tun wollen. Man sollte seinen Kindern soviele Möglichkeiten offen halten wie nur möglich.

  3. Ich bin mit Dir einig, wenn auch mit anderem Ansatz, dass die Lehrer-Lehre in der vorgelegten Form untauglich ist. Ein Frontalangriff auf die Pädagogischen Hochschulen ist der falsche Weg und führt die gesamte Diskussion vom eigentlichen Thema ab.

    http://blog.limi.ch/?p=792

  4. Hallo Limi, ich habe mir deinen Ansatz angeschaut. Hier meine Meinung:

    Ich denke nicht, dass der Lohn ein Problem ist. Es gibt Lehrer, die über CHF 150’000.00 Jahreslohn erhalten. Zudem haben Lehrer wesentlich mehr Ferien als andere Berufstätige. Ich denke daher nicht, dass der Lohn das Problem ist.

    Das Kernproblem ist, dass sich die Wirtschaft über die mangelnde Bildung von Bewerbern für Lehrstellen beklagt. Die Ursache für dieses Problem ist meiner Ansicht nach u.a., dass zuviele Fächer gelehrt werden und Schüler mit Lernstoff regelrecht überladen werden. Weniger wäre hier mehr. Die Schüler sollten vor allem Lesen, Schreiben und Rechnen können. Geometrie wäre auch nicht schlecht. Folglich könnte man Fächer wie Mensch und Umwelt und anderen Schnickschnack weglassen und dafür mehr rechnen, mehr schreiben und mehr lesen.

  5. Ich denke nicht, dass der Lohn ein Problem ist.

    Das denke ich schon. Wenn ich ehemalige Lehrer frage, weshalb sie den Beruf gewechselt haben, kommt der Lohn an 1. oder 2. Stelle der Begründung.
    -> siehe auch Kommentar von Ary (Lehrer) auf meinem Blog dazu.

  6. Es ist bekannt, dass in Downtown Switzerland bessere Löhne gezahlt werden als in Hinterpfupfingen. (humorvoll und keineswegs arrogant gemeint)

    Das zeigt jedoch auch, dass die Lohnthematik je nach Kanton verschieden zu betrachten ist. Kantönligeist lässt grüssen. Es dürfte sich jedoch nicht nur darauf beschränken. Auch die Lehrpläne usw. dürften etwas variieren. Wie auch immer, ich denke, dass Lehrer im Kanton Zürich gut entlöhnt werden.

    Ausserdem zahlen in der Wirtschaft auch nicht alle Branchen gleich gut. Banken und Versicherungen zahlen am besten. Ob die Jobs in diesen Branchen einem ausgebildeten Pädagogen zusagen wage ich in Frage zu stellen.

  7. Auch die Lehrpläne usw. dürften etwas variieren

    Das ist auch so eine Sache. Die unterschiedlichen Lehrpläne von Kanton zu Kanton tragen auch nicht zu einer besseren Ausbildung der Schüler – insbesondere wenn sie wegen Umzug den Kanton wechseln – bei. Hier hätte HarmoS Abhilfe schaffen sollen. Leider hat die EDK dermassen versagt, dass man dieses untaugliche Machwerk ablehnen musste.

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