Der Schutz der Persönlichkeitsrechte muss verbessert werden

Von Alexander Müller veröffentlicht am 5. Juni 2013 | 3.212 mal gesehen

Die Persönlichkeitsrechte sind in der Schweiz durch die Bundesverfassung geschützt. Artikel 10 der Bundesverfassung garantiert das Recht auf Leben und persönliche Freiheit und Artikel 13 garantiert den Schutz der Privatsphäre.

Auf Gesetzesebene garantiert das Zivilrecht mit ZGB Artikel 28 einen umfassenden Schutz der Persönlichkeit vor Verletzung durch Dritte. Auch im Strafrecht gibt es einen Schutz der Persönlichkeit vor Verletzung durch Dritte. Laut StGB Artikel 173 sind Ehrverletzungen auf Antrag strafbar, laut StGB Artikel 174 sind Verleumdungen auf Antrag strafbar, laut StGB Artikel 177 sind Beschimpfungen auf Antrag strafbar, laut StGB Artikel 180 sind Drohungen auf Antrag strafbar und laut StGB Artikel 181 ist Nötigung auf Antrag strafbar. Allerdings werden bei Antragsdelikten die Strafermittlungsbehörden erst auf Antrag tätig. Ein Geschädigter muss zu diesem Zweck die Sraftat anzeigen und einen Strafantrag stellen.

Leider ist gerade der Schutz der Persönlichkeitsrechte im Strafgesetzbuch mangelhaft geregelt. Die Artikel im Strafgesetzbuch lassen den Staatsanwälten zu viele Möglichkeiten um Strafanträge, möglicherweise aus Faulheit, Inkompetenz, Voreingenommenheit oder Parteinahme, mit absurden Begründungen abzulehnen. So bleibt den Geschädigten oft nur der kostspieligere Weg über das Zivilrecht. Doch auch beim Zivilrecht gibt es Verbesserungsbedarf. Der Persönlichkeitsschutz ist im Zivilrecht zwar umfassender, es gibt jedoch eine finanzielle Hürde, die es zu überwinden gilt. Beim Zivilrecht muss ein Geschädigter  für die Prozesskosten einen Vorschuss leisten. Dieses Hindernis wurde vermutlich mit Absicht geschaffen um die Gerichte zu entlasten. Das darf jedoch eigentlich nicht sein. Die Rechtsprechung sollte in einem Rechtsstaat keine Frage des Geldes sein!

Ich plädiere deshalb dafür, dass die Artikel 173, 174 und 177 des Strafgesetzbuchs zum umfassenderen Schutz der Persönlichkeitsrechte verbessert werden. Ansonsten kann man die Artikel gleich abschaffen, weil Strafanträge, die sich auf diese Artikel beziehen von den Strafermittlungsbehörden viel zu oft und zu gerne abgewiesen werden. Siehe die völlig unverständliche Nichtanhandnahme des Strafantrags von Kantonsrat Claudio Zanetti. Zanetti ist übrigens Jurist und kennt das Gesetz. Dennoch wurde sein Strafantrag mit einer derart absurden Begründung abgewiesen, dass sogar die NZZ darüber berichtet hat. Die NZZ ist die seriöseste Zeitung, die es noch in der Schweiz gibt.

Auch das Zivilrecht muss verbessert werden. Dies indem die zu leistenden Prozesskostenvorschüsse entweder gesenkt oder aber aufgehoben werden. Laut Bundesverfassung Artikel 8 ist vor dem Gesetz jeder gleich zu behandeln. Somit sollten weder reichere Bürger noch ärmere Bürger vor dem Gesetz besser gestellt sein als der Mittelstand. Reiche können die Prozesskostenvorschüsse zahlen und Bürgern, mit weniger als CHF 3’000.00 Monatseinkommen, werden die Prozesskosten erlassen. Der Mittelstand hat im Schweizer Rechtsstaat jedoch Pech gehabt. Dies gilt insbesondere für jene Mittelständler, denen die Rechtsschutzversicherungen einen Versicherungsvertrag verweigern. Rechtschutzversicherungen können einem Interessenten einen Versicherungsvertrag verweigern, wenn sie befürchten, dass dieser versicherte Leistungen beanspruchen könnte. Versicherungen sind gewinnorientierte Unternehmen, die davon leben mehr Prämien einzunehmen als Leistungen auszuzahlen. Ich war als Kreditanalyst bei einem Versicherungsunternehmen tätig und es gehörte zu meinem Job Risiken für die Versicherung zu minimieren.

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4 Gedanken zu „Der Schutz der Persönlichkeitsrechte muss verbessert werden“

  1. Dass ein Geschädigter beim Zivilrecht für die Prozesskosten einen Vorschuss leisten muss, ist tatsächlich ein Hindernis und ich bin auch der Meinung, dass die Absicht dahintersteht, die Gerichte nicht mit zu vielen Prozessen zu belasten.

    Ich war Geschädigte nach einer Prügelei, als ich schlichten wollte. Durch einen Ellbogenschlag in den Kiefer wurden Backenzähne entzweigebrochen. Die Brille musste mir der Schläger im Prozess auf meine Anzeige hin wegen Körperverletzung ersetzen, bezahlt hat er nicht und musste ihn betreiben und bekam die Zahlung schlussendlich in Raten. Den Zahnschaden hätte ich über den Zivilprozess einfordern müssen, was aussichtlos bezeichnet wurde, da ich wegen meines Alters nicht nachweisen könne, dass die Zähne in tadellosem Zustand gewesen sind.

  2. Gemäss OR hätten in deinem Fall Ingrid laut Schilderung durchaus Chancen bestanden. Ausserdem hättest du möglicherweise sogar eine Genugtuung verlangen können, aber die sind in der Schweiz viel zu tief angesetzt. Aber du hättest wahrscheinlich einen Prozesskostenvorschuss leisten müssen, aus meiner Sicht ein Unding. Auf diese Weise werden in unserem Rechtsstaat Täter vom Gesetz zuweilen besser geschützt als Geschädigte. Es ist einfach schlimm.

    Wegen Schadenersatz, siehe OR Artikel 41 Absatz 1

    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.

    Wegen Genugtuung, siehe OR Artikel 49 Absatz 1

    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.

    Viel zu kurz ist meiner Ansicht nach die Verjährungsfrist, wobei diese bei Straftaten länger sein kann.

    OR Artikel 60 Absatz 1 und 2

    1. Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, wo der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablaufe von zehn Jahren, vom Tage der schädigenden Handlung an gerechnet.
    2. Wird jedoch die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Zivilanspruch.

    Bei Antragsdelikten ist die Frist noch kürzer!

  3. Das war doch genau das Problem.

    Die Anzeige wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung wurde vom Kantonsgericht erst nach einem Jahr verhandelt. Da ich inzwischen umgezogen und auswärts eine neue Anstellung angetreten hatte, wurde mir alles zu viel. Obwohl der ausländischeTäter vor Gericht geständig war und sogar bestätigt hatte, dass er mich verletzen wollte, weil ich ihn als Frau öffentlich gedemütigt hätte, wurde die Schadenersatz-Klage auf den Zivilweg verwiesen.

    Ich kann nicht nachvollziehen, wieso das Gericht unterscheidet zwischen Sachbeschädigung und Körperverletzung und dass dafür zwei Prozesse notwendig sind, wenn die Schuldfrage eindeutig geklärt ist. Dass die Körperverletzung weniger gewichtet wird als Sachbeschädigung, ist für mich daher unverständlich.

    Schlussendlich habe ich aus Kostengründen von einer Zivilklage absehen müssen, da mir das Geld schlichtweg fehlte, um den Kostenvorschuss zu leisten.

    Da die Rechtsprechung des Gerichtes, wonach Zähne erfahrungsgemäss „in meinem Alter nicht mehr so robust seien“, den Täter stützte, und dieser, wie sich schnell herausstellte, zahlungsunfähig war, war ich schlussendlich gezwungen, auf mein Recht auf Schadenersatz zu verzichten!

    Man möge mir verzeihen, wenn ich Verständnis dafür habe, wenn Zeugen von Übergriffen auf andere Personen das Weite suchen!

  4. Dein Fall ist wahrscheinlich exemplarisch für viele Fälle, die aus den genannten Gründen nicht vor Gericht kamen. Da besteht eindeutig ein Verbesserungsbedarf. Neben der Sache mit den Prozesskosten sprichst du noch ein weiteres Problem unseres Rechtsstaats an. Die Verfahren dauern viel zu lange.

    Wenn ein Strafverfahren eröffnet wird, verschicken Staatsanwaltschaften ein Formular, mit welchem Privatkläger auch laut Artikel 119 StPO adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend machen können, die aus der Straftat abgeleitet werden. Dabei kann der Geschädigte neben Schadenersatzansprüchen auch eine Genugtuung fordern. Allerdings sind die Genugtuungen, welche Geschädigten in der Schweiz zugesprochen werden ein Hohn, in den USA erhält man da wesentlich mehr.

    Das Problem beim Strafverfahren ist einfach, dass man da als Privatkläger dem Staatsanwalt ausgeliefert ist. Wenn das eine faule und inkompetente Pfeife ist, die nicht in der Lage ist ihren Job richtig zu machen, dann hat man Pech gehabt. Dann muss man trotzdem den Zivilprozess anstrengen. Man steht dann also wieder vor den genannten Kostenhürden.

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