Über dreimal mehr Tote durch Suizid als Verkehrstote

Von Alexander Müller veröffentlicht am 10. September 2014 | 2.232 mal gesehen

Die Schweiz hat eines der härtesten Strassenverkehrsgesetze der Welt. Dies obwohl die Zahl der Verkehrstoten aufgrund von technischen und baulichen Massnahmen trotz steigendem Verkehrsaufkommen seit Jahren rückläufig ist. Im Jahr 2012 gab es laut Bundesamt für Statistik 339 Verkehrstote. Diese Zahl ist im internationalen Vergleich tief. Beim Absturz eines Passagierflugzeugs sterben auf einen Schlag gleich viele Menschen wie im ganzen Jahr im Schweizer Strassenverkehr.

Was mir zu denken gibt, ist der Umstand, dass in der Schweiz mehr als dreimal soviele Menschen Selbstmord begehen, also die Schweiz bzw. die Welt freiwillig für immer verlassen. Wenn man jene dazuzählt, welche Sterbehilfe in Anspruch nehmen, wäre die Zahl sogar noch höher!

Wieso gibt es hier eigentlich keinen Aufschrei? Okay, bei jenen, welche die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, kann ich es noch verstehen. Dabei handelt es sich um Leute, die oft bereits einen langen Leidensweg hinter sich haben und die sich trotz ärztlicher Hilfe zu einem begleiteten Sterben entschieden haben. Bei denjenigen, die sich umbringen sollte sich unsere Gesellschaft aber schon Gedanken machen. Denn es hat mit der Gesellschaft zu tun. Denn sonst würde die Schweiz im Internationalen Vergleich ja wohl nicht zu den Spitzenreitern in Bezug auf die Suizidrate gehören.

Die meisten Suizide erfolgen gemäss einer Statistik aus dem Jahr 2009 übrigens mit einem Anteil von 28% durch Erhängen. 23% der Selbstmörder erschiessen sich. Wobei es hierbei eine Häufung bei den 50-64 Jährigen gibt. 14% stürzen sich zu Tode oder vergiften sich. 10% werfen sich vor ein Fahrzeug, was zu technischen Störungen im Bahnverkehr führen kann und dann gibt es natürlich noch weitere Möglichkeiten um sich für immer zu verabschieden. Es gibt auch geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Art und Weise des Abschiednehmens. Männer bevorzugen den Tod durch erhängen oder erschiessen. Frauen bringen sich dagegen öfter durch ertrinken, Gift, den Sprung in die Tiefe oder den Sprung vor ein Fahrzeug um. Das ist interessant, denn wer sich erhängt oder erschiesst, der tötet sich aktiv selbst. Wer hingegen ertrinkt, durch Gift stirbt oder überfahren wird, der wird Opfer einer passiven Tätigkeit. Er wird Opfer durch äussere Umstände und nicht etwa durch eine aktive Tätigkeit wie das Betätigen des Abzugs einer Feuerwaffe. Wer sich selber tötet, belastet mit dem Tötungsvorgang keine Dritte. Wer hingegen vor einen Zug springt, der belastet damit auch den Zugführer, dessen Zug als Selbstmordwaffe missbraucht wurde.

Auch unter den Verkehrstoten gibt es übrigens hin und wieder Selbstmörder. Es kommt vor, dass jemand absichtlich mit vollgas in einen Brückenpfeiler rast. Wenn er sich vorher mit Alkohol betäubt hat, wird ein solcher „Verkehrstoter“ dann womöglich zu den Verkehrstoten infolge Alkoholkonsums gezählt obwohl es eigentlich ein Selbstmord wäre.

Die Gesellschaft und die Politiker sollten sich fragen, was sie tun können um die Suizidrate zu senken. Von einem Verbot von Feuerwaffen halte ich rein gar nichts. Denn ein Suizid begeht man nicht weil man zuhause eine Waffe hat und sie einmal an sich ausprobieren möchte. Dahinter stecken andere Gründe. Es können gesundheitliche Probleme sein, also z.B. Depressionen, es können aber auch Beziehungsprobleme oder andere Gründe sein. Hier sollte angesetzt werden. Was bringt Menschen dazu sich umzubringen? Interessiert es uns oder ist es uns egal? Das ist die Frage, die vieles über unsere Gesellschaft aussagt.