Die Schadenfreude der Carolin Neumann

Von Alexander Müller veröffentlicht am 10. Oktober 2012 | 3.235 mal gesehen

Per Zufall habe ich einen Artikel über mich auf bluewin.ch entdeckt. Die Autorin Carolin Neumann findet es gut, dass ich wegen einem Tweet meine Arbeitsstelle verloren habe.

Da Frau Neumann ganz offensichtlich den Kontext meiner Tweets nicht kennt, hat sie einfach über Godwins Gesetz geschrieben. Dieses Gesetz besagt, dass sich mit zunehmender Länge einer Online-Diskussion die Wahrscheinlichkeit für einen Vergleich mit Hitler oder den Nazis dem Wert eins nähert.

„As an online discussion grows longer, the probability of a comparison involving Nazis or Hitler approaches one.“

Beim Lesen des Artikels von Frau Neumann wird dem Insider klar, dass sich diese nur dem Hören nach ein Urteil über mich bildete. So schrieb sie:

„Unbedacht hatte er offenbar eine Reihe von fragwürdigen Dingen auf Twitter abgesetzt, die darin gipfelten, dass er eine «Kristallnacht… diesmal für Moscheen» vorgeschlagen haben soll.“

Damit hat Frau Neumann das getan, was viele ihrer Journalisten-Kollegen und Leser auch getan haben. Sie hat sich eine Meinung über etwas gebildet, bei dem sie selber nicht Zeuge war. Dann hat sie ein Vorurteil über jemanden gefällt, den sie nicht kennt. So fand es Frau Neumann dann auch völlig in Ordnung, dass ich meine Arbeitsstelle wegen eines Tweets verloren habe.  Ich halte es für höchst unfair einen Menschen auf einen Tweet zu reduzieren!

Auch die weiteren Schlussfolgerungen von Carolin Neumann zeugen von völliger Unkenntnis der Sachlage. So schrieb sie:

„Auch wenn der Lokalpolitiker am Ende einsah, dass Abstreiten keinen Sinn mehr ergab, suchte er doch die Schuld zumindest teilweise woanders: bei den Mechanismen des Internets. Eine unerwartete «Lawine» habe ihn überrollt, beklagte er sich und bemühte damit eine häufig genutzte Ausrede für Fehltritte im digitalen Zeitalter.“

Frau Neumann bezog sich auf den in den Medien zu unrecht erhobenen Lügenvorwurf. Dieser kam zustande weil ich den Medien gegenüber per Email schrieb, dass der Titel von Frau Binswangers Artikel auf den Newsnetseiten nicht der Wahrheit entspreche, da ich keine Kristallnacht gefordert habe. Der Titel lautete: „Tweet von SVP-Mitglied fordert Kristallnacht für Moscheen“ bzw. in einer früheren Form sogar „Tweet von SVP-Mitglied fordert Kristallnacht für Muslime“. Auch die weitere Äusserung von Frau Neumann klingt in meinen Ohren wie blanker Hohn:

„Gerade jene in Positionen von Macht und Ansehen sollten wissen, wie in der Öffentlichkeit ihre Worte auf die Goldwaage gelegt werden.“

Die machtvolle Position in diesem Cybermobbing hatten die Massenmedien und nicht ich. Frau Neumann scheint mich zudem mit einem Spitzenpolitiker zu verwechseln. Ich war jedoch lediglich ein Jungpolitiker, der in seiner Freizeit ein Amt als Schulpfleger ausübte. Das war mehr ein Dienst an der Gemeinschaft als eine machtvolle Position. Denn die Entschädigung für das Amt war niedriger bezahlt als mein Lohn. Deshalb war ich 100% berufstätig und bezog Ferientage um Schulbesuche durchführen zu können. Sitzungen fanden in der Regel am Abend nach der Arbeit statt.

Der Artikel von Frau Neumann macht deutlich wie die mediale Hetze gegen meine Person ablief. Ehe klar war, was ich wirklich weshalb geschrieben habe, wurde ich ohne fairen Prozess vorverurteilt und moralisch abgewertet. Ich stehe nach wie vor zu allen von mir verfassten Tweets und glaube nicht, dass auch nur einer davon gesetzwidrig ist. Das meine Tweets so wie sie dargestellt wurden nach aussen fragwürdig erschienen und deshalb Gefühle verletzt haben können, räumte ich in der Medienkonferenz ein und dafür habe ich auch mein Bedauern ausgedrückt.

Die Leute müssen wissen, dass das Bild, welches am 24.06.2012 im Artikel von Frau Michèle Binswanger gezeigt wurde, manipuliert worden ist. Es wurde geschnitten. Ansonsten wäre den Leuten klar gewesen, dass es sich nicht um die Twitter-Timeline meines Twitter-Kontos gehandelt hat sondern um einen Screenshot von Sven Infangers Smartphone-Twitter-Timeline. Deshalb war auch die Schrift anders als auf Twitter üblich. Da ich die Frage der Medien ob der Tweet von mir ist nicht beantwortete und lediglich sagte, dass ich keine Kristallnacht gefordert habe, wussten die Medien nicht ob der Tweet tatsächlich von mir ist. Wahrscheinlich um den Artikel von Frau Binswanger nachträglich zu legitimieren, musste dann Herr Mike Schwede bemüht werden. Denn Frau Binswangers Artikel, der am Sonntag erschienen war, hatte mich immerhin bereits am Montag den Job gekostet. Also zu einem Zeitpunkt als noch niemand wirklich wusste ob der Tweet von mir ist oder nicht! Zum Zeitpunkt von Mike Schwedes in den Medien gross inszenierten „Entlarvung“ hatte ich bereits eine Einvernahme bei der Staatsanwalt hinter mir, die am selben Tag noch eine Medienmitteilung herausgab.

Hier können Sie nachlesen wie der Kristallnacht-Artikel entstanden ist.

Dann schrieb Frau Neumann noch:

Doch bis auch der letzte Mensch, der in der Öffentlichkeit steht, das verstanden hat, werden wir wohl noch den ein oder anderen Aufstieg und Fall erleben…

Hier Meine Ansicht dazu. Gerade im Zeitalter des Internets und der sozialen Netzwerke stehen letztlich alle in der Öffentlichkeit, die diese Netzerke nutzen. Die Schweiz hat ein politisches System, welches auf Milizpolitikern aufbaut. Gerade Jungpolitiker sind keine PR-Vollprofis, sondern Leute aus dem Volk. Meiner Meinung nach sollten sich Milizpolitiker ehrlich, offen und authentisch geben. Sie sollten sich so geben wie sie sind. Denn das schafft Vertrauen. Die Wähler sollen entscheiden wer aufsteigt und wer absteigt, nicht die Medienschaffenden! Es ist höchstbedenklich, dass ein Politiker seine Arbeitsstelle, seine Ämter und seine Parteimitgliedschaft wegen medialer Hetze verloren hat.  Dies noch dazu ohne fairen Prozess und ohne dass man ihm die fundamentalsten Grundrechte zugestanden hat. In meinem Fall haben die Massenmedien meine Persönlichkeitsrechte massiv verletzt und mir und meiner Reputation damit einen grossen Schaden zugefügt. Die moralische Verurteilung der Öffentlichkeit ist letztlich unmoralisch, da sie ohne rechtstaatliche Prinzipien einzig auf Vorurteilen und oberflächlicher Hetze erfolgte. Der von den Medien angestachelte Mob hab mich letztlich gelyncht ohne, dass ich einen fairen Prozess hatte.

Anderen Menschen, z.B. Mördern gewähren die Medien den Schutz der Persönlichkeitsrechte indem sie diese Personen weder namentlich noch Bildlich erkennbar vorführen. Der Artikel von Frau Binswanger hatte gravierende Folgen. Er erschien bevor Frau Binswanger mit mir gesprochen hatte und bevor tatsächlich klar war ob der Tweet wirklich von mir ist. Denn ich erhielt am Sonntag nachdem der Artikel erschienen war selbst von einem Tagesanzeiger Journalisten eine Email mit der Frage ob der Tweet tatsächlich von mir ist! Sowas sollten Journalisten, welche sich ihrer Verantwortung bewusst sind, vorher und nicht nachher klären!

Übrigens, ich erhielt an jenem Sonntag als alles losging um 15.58 Uhr eine Emailanfrage von Frau Binswanger. Der erste Twitterer verlinkte bereits um 16.10 Uhr auf ihren Artikel auf Newsnet. Aber egal, es war Sonntag und ich war ohnehin erst um 20.40 Uhr von einem Tagesausflug zuhause. Was mir bis heute noch nicht klar ist, ist die Dringlichkeit mit welcher der Artikel auf Newsnet publiziert wurde. Ich war zwar SVP-Politiker doch anders als z.B. Christoph Blocher einer, der in der Hierarchie ziemlich weit unten stand. Ich war weit davon entfernt eine öffentlich relevante Person der Zeitgeschichte zu sein. Gerade deshalb hatte ich auch keine Chance, weil mich die Leute gar nicht kannten. Wäre eine bekannte Persönlichkeit wie z.B. Mörgeli angegriffen worden, hätte es sofort ein Pro- und ein Contra-Lager gegeben. In meinem Fall gab es das nicht, weil mich niemand kannte. Ich wurde selbst in SVP-Kreisen sofort fallengelassen und verurteilt.

Jungen Leuten mit Ecken und Kanten und rechter politischer Einstellung muss ich abraten in die Politik zu gehen. Die Medien wollen Politiker, die sich wie PR-Leute ausdrücken. Sie wollen Mainstream-Mittelinks-Politiker oder linke Politiker, welche die Meinung der Mehrheit vertreten. Das ist zumindest meine Erkenntnis aus der Geschichte. Persönlich bedaure ich das, denn ich bin ein Gegner eines politischen Systems, welches auf Berufspolitikern beruht. Ein Milizsystem bietet Bürgern mehr Möglichkeiten sich an der Politik zu beteiligen und mitzumachen. Ein Milizsystem ist näher bei den Bürgern.