Über die verkappten Deutschen

Von Alexander Müller veröffentlicht am 28. Dezember 2014 | 1.913 mal gesehen

Im Gegensatz zu den stolzen Bajuwaren, haben viele Alemannen ihre Herkunft vergessen. So erstaunt es nicht, dass viele Deutschschweizer unter einem ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex leiden, wenn sie in den Norden blicken. Das ist bedauerlich, denn die Deutschschweizer stammen weitgehend von Alemannen ab. Die Alemannen waren ein Volk, das aus dem Norden kam. Ursprünglich stammten sie wie die Wikinger wahrscheinlich sogar aus Skandinavien. Sie hatten eine Runenschrift, beteten Wotan an, glaubten an Walhalla und sprachen einen althochdeutschen Dialekt, aus dem die Deutschschweizer und die schwäbischen Dialekte hervorgegangen sind.

Die Alemannen waren ein kriegerisches Volk, sie wurden aber wie die Bajuwaren in Bayern und die Langobarden in der Lombardei bzw. in Norditalien schliesslich von den zahlenmässig überlegenen Franken besiegt. Vielleicht stammt der Minderwertigkeitskomplex ja auch von dieser Niederlage bzw. der Tatsache, dass die Alemannen ein kleinerer germanischer Stamm waren ab. Fakt ist, dass eigentlich kein Grund für diesen Komplex besteht. Denn immerhin werden auch die übrigen Deutschen im Französischen und Spanischen als Alemannen und nicht etwa als Sachsen, Bajuwaren, Friesen etc. bezeichnet. In den Augen der Franken waren die Alemannen also ein Sinnbild für das Deutsche!

Für unsere schweizerisch-alemannischen Dialekte müssen wir uns sicher nicht schämen. Sie sind Ausdruck unserer Kultur. Schämen müssen wir uns nur dann, wenn wir unsere Kultur vergessen. Hochdeutsch ist eine künstliche Schriftsprache, die früher kein einziger germanischer Stamm gesprochen hat. Deutsche, die in Schriftsprache sprechen, verbergen damit ihre Herkunft. Jeder Ausländer, der Deutsch lernt, spricht Hochdeutsch. Dialekte sind mehrheitlich den Einheimischen vorbehalten. Wer sie verstehen will, der muss die Kultur verstehen.

Ich stamme aus dem St. Galler Rheintal. Wir nennen Matsch „Pflutsch“. Offenbar kommt der Ausdruck „Pflutsch“ sogar im südbadischen Raum vor. (Quelle) Das belegt den alemannischen Ursprung des Wortes „Pflutsch“.

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3 Gedanken zu „Über die verkappten Deutschen“

  1. Als eingefleischter Schwabe / Alemanne, hat mich dieser Artikel absolut erfreut!

    Sehr viele im Südwesten Deutschlands Lebende kennen die Geschichte der »autochthonen« Bewohner kaum … Und: sie gefällt auch vielen nicht – aber damit müssen die halt leben.

    Die Geschichte lautet ungefähr so – genaue Daten habe ich nicht parat, ich müsste suchen:
    Während der Völkerwanderung vor ca. (!) 1.600 Jahren wanderten aus dem Raum der süd-östlichen Ostseeküste („Merkel-Land“ – Buhhh) der Volksstamm der Alamanen / Alamannen / Alemannen im Süden und Südwesten Germaniens ein.
    Sie besiedelten den Raum, den Jahrhunderte zuvor die Römer »Suebia« genannt hatten.
    Dieser Raum liegt ungefähr zwischen Vogesen einschließlich »Burgund« und Lech und zwischen südlich Frankens (ca. Heilbronn) bis zum Hauptkamm der Alpen – im Südosten einschließlich des heutigen Vorarlbergs.

    Alle hier lebenden »Autochthonen« sind also »Alemannen«.
    Weil sie in »Suebia« eingewandert waren, nannte man sie außerhalb eben auch »Sueben« = Schwaben.

    Die Wörter «»Alemannen« und »Schwaben« sind also echte Synonyme.

    Das Erste Herzogtum Schwaben ab ca. 900 n. Chr. umfasst ziemlich genau diesen Bereich.
    Deswegen trägt der ungefähr zentral gelegene Bodensee durchaus zurecht die Bezeichnung »Schwäbisches « Meer – was meinen lieben badischen Landsleuten überhaupt nicht gefällt.

    Nun: tempora mutantur …

    Aus unerfindlichen Gründen erfand irgend jemand eine Trennung:
    Die heutigen Badener (auch die Deutsch-sprachigen Schweizer) blieben Alemannen, die württembergischen und bayerischen Alemannen wurden zu Schwaben.

    Idiotisch, weil wie gesagt Synonym.

    Höchst witzig aus heutiger Sicht:
    Als 1954 der »Südweststaat« aus den Teilen (Süd-) Baden, Württemberg-Baden und Württemberg –Hohenzollern gegründet werden sollte, wäre dieser absolut vernünftige und historisch bestens begründbare Zusammenschluss beinahe an der Namensgebung gescheitert.

    Der eigentlich richtige Name »Alemannien« kam nicht in Frage, weil dieser in sehr vielen Sprachen auf der ganzen Welt für ganz Deutschland benutzt wird – doch eine Ehre für uns Alemannen ???!!!

    Die Völkerkundler empfahlen als Ländernamen folgerichtig »Schwaben«.
    Da waren meine lieben badischen Landsleute aber sowas von auf »180«, dass der Zusammenschluss beinahe allein (!!!) daran gescheitert wäre.
    Sie wollten partout keine Schwaben sein, weil das doch nur die ungeliebten Württemberger dort seien. Unsinn – siehe oben. Und Liebe unter engsten Verwandten kennt man ja …

    Als faulen Kompromiss entschied sich die Politik für den hässlichen Namen »Baden-Württemberg«, der auch noch den Vorteil hatte, dass Baden aus alphabetischen Gründen immerhin vorn stand.

    Der Nicht-Schwabe muss wissen, dass der Zusammenschluss der drei Landesteile im südlichen Baden heftigst bekämpft worden war.
    Die juristischen Auseinandersetzungen dauerten Jahrzehnte lang an – das letzte Verfahren endete erst vor wenigen Jahren. Trotzdem murren die »Altbadener« bis heute.

    Und unsere Landesregierungen achten peinlichst darauf, dass staatliche Einrichtungen unbedingt »symmetrisch« verteilt werden. Wobei unser badischer Landesteil »vorsichtshalber« nicht selten etwas bevorzugt wird: die »Badischen Befindlichkeiten« sind legendär …

    Der Treppenwitz der Geschichte: Der badische Landesteil profitierte bei Weitem am Meisten von dem Zusammenschluss.

    Ich weiß ja nicht, wie die jüngeren Leute das heute sehen.

    Selbst habe ich Anfang der 60-er Jahre längere Zeit im »feindlichen« Karlsruhe gelebt und habe mich dort ganz fabelhaft wohl gefühlt. Noch heute komme ich immer wieder gern dort hin und stets fällt mir der für uns Württemberger auffallend und überaus freundliche und höfliche Umgangston auf – aber auch wir Württemberger Alemannen haben uns gebessert !!!

    Was die Deutsch-sprachigen Dialekte anbelangt: Ich liebe sie alle …
    Als in Tuttlingen Geborener war mein Dialekt einst dem Schweizerdeutsch doch sehr nah – vermisse ich heute zunehmend. Immer freue ich mich es zu hören.

    Beste Grüße in die schöne Schweiz aus dem Großen Kanton … :-(((

  2. Ebenfalls ein Treppenwitz der Geschichte ist, dass Sachsen und Thüringer (Preussen?), die noch nie oder nur kurz in der Schweiz waren, angeblich Mühe bekunden Schweizerdeutsch zu verstehen. Dies obschon doch die Alemannen einst aus der gleichen Region, dem Merkelland, kamen. Einige von denen sollen ja gar besser Angelsächsisch (Englisch) als Schweizerdeutsch verstehen.

  3. Notabene: Wotan ist die südgermanische Bezeichnung für Odin. Eigentlich „Wodan“. Wahrscheinlich war es Friedrich Wagner, der ihn erstmals „WOTAN“ nannte.

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