Sind Schweizer Journalisten Personen der Zeitgeschichte?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 6. August 2014 | 2.251 mal gesehen

Wieso haben eigentlich so viele Schweizer Journalisten einen Eintrag in Wikipedia? Sind das alles weltbewegende Personen der Zeitgeschichte oder handelt es sich bei diesen Einträgen um Eigenwerbung?

Hier ein paar Beispiele:

Tagi-Journalistin und Mama-Bloggerin Binswanger
Tagi-Journalistin und Mama-Bloggerin Binswanger

Engeler_Wikipedia

Stadler_Wikipedia

Felber_Wikipedia

Vogel_Wikipedia

Keller_Wikipedia

Meyer_Wikipedia

Somm_Wikipedia

Es gibt noch mehr Schweizer Journis auf Wikipedia. Offensichtlich sind das alles wichtige Personen der Zeitgeschichte mit internationalem Renommee. Wikipedia scheint zum Karussell der Eitelkeiten zu verkommen. Vielleicht tragen sich die Journis selber bei Wikipedia ein oder sie lassen sich von ihren Spezis eintragen, wer weiss. Ich gehe davon aus, dass viele Wikipedia-Autoren Journalisten sind. Da ist es nahehliegend, dass die sich gleich selber eintragen. Da dann auch viele Kontrolleure Journalisten sind, werden diese Einträge nicht gelöscht.

Es gibt übrigens mehr Einträge von männlichen Schweizer Journalisten als von weiblichen. Die hier aufgeführte Frau ist Feministin. Manchen Feministinnen werden Macho-Allüren nachgesagt.

Wer weiss vielleicht werden ja dereinst auch andere Berufsgruppen wie z.B. Kommunikationsberater, Buchhändler oder Bibliothekare auf Wikipedia aufgeführt. Für die Seite 3 Girls des Blicks dürfte Wikipedia zu prüde sein.

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8 Gedanken zu „Sind Schweizer Journalisten Personen der Zeitgeschichte?“

  1. Sie werfen da eine interessante Frage auf. Man darf wohl davon ausgehen, dass die meisten Journalisten in einigen Jahrzehnten keinerlei Bedeutung für die Allgemeinheit mehr haben, also keine Personen der Zeitgeschichte sind. Ein Wikipedia-Eintrag ist unter diesem Aspekt fraglich.

    Anderseits ist es eine einfache und angenehme Methode Informationen zu Journalisten nachzuschlagen (der ich bisher nicht gewahr war). Allerdings sind die Informationen der beiden Beispiele doch eher dürftig, besitzen wenig substanziellen Informationsgehalt.

    Da Wikipedia-Einträge kein Heu fressen würde ich sagen, ok, von mir aus, warum nicht? Aber bitte liebe Wikipedia-Autoren, etwas mehr Fleisch an den Knochen. Hat Michèle Binswanger nur studiert, oder auch abgeschlossen? Wahrscheinlich nicht, so ganz klar ist es aber auch wieder nicht. Und Urs Paul Engeler? Welche Ausbildung hat er? Gab’s ein Leben vor der Weltwoche? Und auch eines danach?

  2. Die Weltwoche ist wohl kaum bedeutender als der Werdenberger & Obertoggenburger. Dass Journalisten, die bei diesem Wochenblatt arbeiten dermassen wichtig für die Menschheit sind, dass sie einen Eintrag auf Wikipedia verdient haben, erscheint mir schon mehr als fraglich. Und ohne den Mama-Blog wäre die Welt wohl auch schon längst untergegangen….lol. Viele Journalisten nehmen sich selbst einfach viel zu wichtig. Einige halten sich wohl sogar für die Retter der Welt, wenn sie mit ihrer rücksichtslosen Berichterstattung die Freistellung einer Bundesangstellten erreichen.

  3. Journalisten folgen der gleichen Mechanik wie alle anderen, die etwas produzieren. Was nachgefragt wird, wird geliefert. Im Print war es schwierig die Reaktion zu messen. Online geht das. Deshalb sollten Artikel, bei denen schon die Headline zeigt, wie fragwürdig sie sind, einfach nicht angeklickt werden. Damit kann man zurückmelden, dass einen dieser Schrott nicht interessiert und so auf die Produktion einwirken. Leider befürchte ich aber, dass eben dieser Schrott doch interessiert. Wie sonst ist zu erklären, dass die Auflage des Blicks anderthalb mal so hoch ist wie die der NZZ? Die Menschen erhalten die Presselandschaft, die sie nachfragen. Mit dem Konsum von Gratisanzeigern – Werbebroschüren, mit Agenturmeldungen aufgefüllt und einem redaktionellen Feigenblatt – haben wir ein Statement abgegeben. Wir wollen Unterhaltung, gewürzt mit ein bisschen Skandal und nicht Information.

  4. Diese Meinung teile ich nicht. Journalisten bedienen voyeuristische Bedürfnisse von Menschen. Sie locken Menschen mit nackten Tatsachen usw. an. Gleichzeitig spielen sie sich zu Hütern der Moral auf, die darüber entscheiden was richtig ist und was nicht, was sein darf und was nicht. Sie setzen bei Dritten andere Massstäbe an, als bei sich selbst. Wir haben eine verlogene und bigotte Medienlandschaft.

    Warum der Blick mehr Leser hat als die NZZ? Ganz einfach, er verwendet eine einfache und simple, meist primitive Sprache, die auch der letzte Neandertaler versteht. Ausserdem gibt es im Blick viele aufreizende Bilder und marktschreierische Schlagzeilen und er hat meist eine simple Erklärung für komplexe Sachverhalte parat. Die Blickleser müssen ihr Hirn beim Lesen der Zeitung nicht übermässig strapazieren. Viele Menschen haben kein Interesse an der Erklärung von komplexen Zusammenhängen, sie geben sich mit Schlagworten und Parolen zufrieden und wollen eine einfache Erklärung, die ihrem einfachen Welt- und Menschenbild gerecht wird. Beim Blick ist Schwarzweiss trumpf, für Grautöne hat es keinen Platz. Anbei ein Beispiel, für einen typischen Blickartikel für Neandertaler:

    Blickartikel für Neandertaler

    Bei der NZZ haben wir es hingegen mit viel zuviel Text zu tun, der noch dazu in einer Sprache verfasst ist, die von Neandertalern nicht mehr verstanden wird. Es ist eine Sprache für eine kleine elitäre Minderheit in unserem Land. Entsprechend ist auch das Leserpotential der NZZ kleiner als bei der Proletenzeitung Blick. Ausserdem löscht zuviel Text vielen einfach ab. Wir leben in einer Zeit in der wir mit Informationen nur noch so geflutet werden. Da haben die wenigsten noch Zeit, irgendwelche NZZ-Artikel zu lesen. Ausserdem sind die wenigen in der NZZ verwendeten Bilder meist langweilig. Diesbezüglich macht der Tagi seinen Job besser als die NZZ. Er ist bunter, die Texte sind weniger anspruchsvoll und er kommt dem Blick mit seiner Berichterstattung schon recht nahe.

    Beispiel für einen NZZ-Artikel mit einem langweiligen Titel und einem noch langweiligeren Bild. Mit einem nackten Busen, auf dem ein Schweizerkreuz aufgemalt ist, hätte die NZZ mehr Aufmerksamkeit erzielen können.
    NZZ-Artikel

    Zum Thema, ich gehe davon aus, dass sich viele Journalisten selber bei Wikipedia eintragen um damit ihr Geltungsbedürfnis zu befriedigen oder um Minderwertigkeitskomplexen vorzubeugen.

  5. Okay Wikipedianer, und hier sind die Anhaltspunkte, die nach Wikipedia für einen Eintrag einer lebenden Person auf Wikipedia gelten sollten:

    Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Bedeutung einer lebenden Person ist, dass sie in einem anerkannten biographischen Nachschlagewerk (etwa Munzinger-Archiv, Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender, Deutsches Biographisches Archiv) verzeichnet ist.

    Als Anhaltspunkt kann dienen: Die Person ist

    wegen ihrer Beteiligung an historischen, politischen oder sonst nachrichtenwürdigen Ereignissen bekannt,
    eine weit bekannte Persönlichkeit aus der Unterhaltungsbranche (wie Fernseh- und Filmproduzenten, Regisseure, Schauspieler mit einer Hauptrolle oder mehreren Nebenrollen in kommerziell vermarkteten Werken),
    Autor, Herausgeber, Fotograf, Musiker, Maler, Bildhauer, Architekt, Ingenieur oder andere Person, deren Werk oder Arbeitsleistung als herausragend anerkannt und dauerhaft Teil der Geschichte des Fachgebiets geworden ist,
    in mehreren Publikationen der Verfassungsschutzbehörden namentlich hervorgehoben worden,
    nachgewiesener Träger eines hohen Ordens (z. B. Bundesverdienstkreuz),
    als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet worden.

    Ich denke nicht, dass diese Kriterien auf all die Schweizer Journalisten zutreffen, die einen Wikipedia-Eintrag haben. Ich glaube aber, dass viele Autoren bei Wikipedia Journalisten sind. Es ist denkbar, dass dies der Grund ist, weshalb soviele Einträge von Journalisten auf Wikipedia zu finden sind. Sie tragen sich selber ein oder lassen sich von Kollegen eintragen und die Einträge bleiben auf Wikipedia, weil die Kontrolleure ebenfalls Journalisten sind oder zum Filz der Medienbranche gehören.

  6. Wieso haben Journalisten eigene Relevanzkriterien? Was ist an dieser Berufsgruppe so besonders? Das niedrige Einkommen? Hier die Relevanzkriterien von Wikipedia für den Eintrag von Journalisten:

    Journalisten
    Relevant sind Journalisten, wenn sie

    Chefredakteur einer relevanten Zeitung oder Zeitschrift oder der Chefredakteur eines relevanten Rundfunksenders sind oder
    leitende Redakteure bzw. Ressortchefs von großen überregionalen Zeitungen oder Zeitschriften bzw. Rundfunksendern in „klassischen“ Ressorts wie Politik (ggf.: Außen- bzw. Innenpolitik), Wirtschaft, Sport, Kultur bzw. Feuilleton (falls eigenes Ressort auch: Literatur) sind
    Träger eines bedeutenden Journalistenpreises sind oder
    mindestens einen relevanten Skandal aufgedeckt haben (z. B. Alfred Worm).

    Diese Kriterien sind ein fertiger Witz. Journalisten sind austauschbar und nicht relevant. Das merkt man, wenn mal wieder einer gestorben ist. Wenn er von seinen Kollegen als relevant angesehen wird, dann wird auf allen Kanälen ein Nachruf publiziert und anschliessend ist er vergessen und es fällt keinem auf, dass er nicht mehr da ist. Der Schwachsinn, der tagtäglich in den verschiedenen Medien verbreitet wird, rechtfertigt keinen Eintrag auf Wikipedia. Wer hat auf Wikipedia diese Kriterien definiert, war das ein Journalist?

    Journalistenpreise und Skandale, das ist ja der grösste Witz. Journalistenpreise verleihen sich die Journis gleich selber und die Skandale machen sie selber. Wozu Ressortleiter aufführen? Dann kann Wikipedia ja auch gleich Einträge für Abteilungsleiter von Unternehmen wie Siemens, BMW oder der SBB publizieren.

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