Schweizer Medien können ungestraft verleumden

Von Alexander Müller veröffentlicht am 7. August 2014 | 2.209 mal gesehen

Schweizer Medien können in der Schweiz ungestraft Persönlichkeitsrechte verletzen und das Gesetz brechen. Dabei brauchen sie den Schweizer Rechtsstaat kaum zu fürchten. Deshalb erstaunt es mich auch nicht, dass es immer wieder schwere Fälle von Persönlichkeitsverletzungen durch die Medien gibt. Im Zweifel wird in den Redaktionen für die Auflage entschieden. Das Fressen kommt eben vor der Moral.

Wenn ein Betroffener gegen Medienunternehmen klagt, hat er je nach Persönlichkeitsverletzung zwei Möglichkeiten.

Variante A:
Er kann bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen Verleumdung, Beschimpfung und Ehrverletzung einreichen. Da Staatsanwälte Strafanträge wegen Persönlichkeitsverletzungen nicht gerne sehen, erlassen sie hier sehr oft Nichtanhandnahmeverfügungen. Dies oft zu unrecht. Dennoch ist vielen Klägern der Weg nach einer Nichtanhandnahmeverfügung verschlossen. Weil eine Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung mit hohen Kosten verbunden ist und diese zudem innert einer kurzen Frist von 10 Tagen einzureichen ist.

Variante B:
Ein Kläger beschreitet den Zivilweg. Dieser Weg führt zunächst über einen Friedensrichter. Dabei fallen für den Kläger bereits Kostenvorschüsse für das Verfahren von mehreren hundert Franken an. Meist verlaufen solche Verhandlungen erfolglos, da die Medienunternehmen nicht an Vergleichen interessiert sind. Anschliessend erhält der Kläger die Klagebewilligung und kann beim Bezirksgericht klagen. Dort muss er aber dann zunächst Kostenvorschüsse von bis zu 13’000 Franken zahlen. Ausserdem sind Wartefristen von einem halben Jahr oder länger bis zur 1. Verhandlung üblich. Hier ist ebenfalls schon bei den meisten Schluss, da sie diese hohen Kosten plus die Anwaltskosten nicht aufbringen können.

Die Täter, welche für die Medienhäuser arbeiten, müssen hingegen nichts befürchten. Denn das Medienopfer muss beim Rechtsstaat ja erst einmal hohe Vorleistungen erbringen, ehe der auch nur einen Finger krumm macht. Selbst wenn sie in der letzten Instanz vom Bundesgericht verurteilt werden sollten, so kratzt es die Medienvertreter nicht. Denn für sowas haben sie eine Versicherung, die dann für die Kosten aufkommt.

Kürzlich schrieb mir ein Medienannwalt im Zusammenhang mit einer rechtlichen Auseinandersetzung nach dem Schlichtungsverfahren die folgenden Zeilen:

Unpräjudiziell und damit nicht für das bevorstehende (oder anderweitige) Gerichtsverfahren brauchbar, nachfolgender Vergleichsvorschlag:

Die Zeitung anonymisiert den gerügten Artikel im Onlinearchiv der Zeitung betreffend Ihre Person. Als Kürzel wird nicht A.M. verwendet

Die Kosten der Friedensrichterin werden von den Parteien hälftig getragen.

Per Saldo aller gegenseitigen Ansprüche, eine Genugtuungszahlung wird nicht geleistet.

Mit diesem Vergleich würde Ihrem Kernanliegen entsprochen, es wäre ein Verfahren weniger, in welches Sie Energie und Geld investieren müssten.

Das Vergleichsangebot sah vor, dass das Medienhaus meiner Forderung auf Beseitigung der Persönlichkeitsverletzung entspricht, ich aber im Gegenzug die Hälfte der Friedensrichterkosten übernehmen solle (die ich bereits im Rahmen des Prozesskostenvorschusses vorausbezahlen musste) und zudem auf die geforderte Genugtuung verzichten solle. Als ich darauf nicht einging unterbreitete er mir folgendes Angebot:

Meine Mandantin wird keine Genugtuung zahlen. Im Sinne eines nachgebesserten, finalen (unpräjudiziellen) Angebots:

Anonymisierung im Archiv der Zeitung, entsprechende Anträge seitens der Zeitung zuhanden SMD / Swissdox.

Die Zeitung übernimmt die ganzen Kosten Friedensrichterin.

Zu mehr kann ich meine Mandantin nicht bewegen.

Die wissen ganz genau, dass sie im Unrecht sind. Sonst wären sie ja wohl kaum bereit dazu, die Friedensrichterkosten zu übernehmen. Als ich sie vor einreichen des Schlichtungsgesuchts beim Friedensrichter aussergerichtlich bat, die Persönlichkeitsverletzung zu beseitigen, da weigerten sie sich. Sie wissen eben auch, wie unzureichend der Schweizer Rechtsstaat ist. Sie wissen, dass sie selbst dann, wenn sie den Prozess verlieren, glimpflich davon kommen werden. Wenn die Medien den Prozess verlieren, wir es für sie nichts weiter als ein Schadenfall für ihre Versicherung sein.

Darum haben es Medienopfer in der Schweiz nicht einfach. Sie kommen aufgrund des an ihnen verübten Verbrechens nicht einmal eine Rechtsschutzversicherung. Dies weil die Versicherungen Menschen, die in Gerichtsverfahren verwickelt sind, nicht versichern wollen. Medien können in der Schweiz tun und lassen was sie wollen, der Rechtsstaat ist in Sachen Persönlichkeitsschutz ein zahnloser Papiertiger. Die Gesetze wurden wahrscheinlich von Theoretikern gemacht, die von der Praxis keine Ahnung haben und die auch nicht wissen was im realen Leben abläuft. Oder es sind Leute, die diese Gesetze zugunsten von Tätern interpretieren. So z.B. der schwachsinnige Unsinn im Strafrecht, dass Privatklägern die Einsprache bei Strafbefehlen verweigert wird. Das ist vor allem deshalb unsinnig weil Staatsanwälte ihre Arbeit eben viel zu oft nicht richtig machen! Aber das weiss ein Theoretiker eben wahrscheinlich nicht.

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