Scharia-Gerichte in der Schweiz?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 29. Dezember 2008 | 5.188 mal gesehen

Nachdem im Februar 2008 der anglikanische Erzbischof von Canterbury mit seiner Forderung die Scharia für islamische Immigranten in Grossbritannien teilweise einzuführen für Aufsehen sorgte, fordert nun auch in der Schweiz der Freiburger Sozialanthropologe Professor Dr. Christian Giordano in seinem Aufsatz „Rechtspluralismus: ein Instrument für den Multikulturalismus?“ Sonderrechte für Muslime.

Wie sich Giordano gegenüber der NZZ am Sonntag äusserte, vermutet er, dass es bei uns in der Schweiz im Verborgenen illegale Scharia-Gerichte gibt. Um diesen unhaltbaren Zustand zu beenden fordert er nun die Teillegalisierung dieser Scharia-Gerichte. Er ist der Ansicht, dass man Menschen aus weit entfernten Kulturkreisen nicht vollständig in unser Rechtssystem integrieren kann. Menschenrechte sollen bei der Anwendung der Scharia in der Schweiz allerdings gewahrt bleiben. (Wie das gehen soll ist mir Schleierhaft)

Islamische Organisationen unterstützen die Idee des Professors, der leider nicht auf die Idee gekommen zu sein scheint, dass man diese illegalen Scharia-Gerichte in unserem Land, sofern es sie denn gibt, auch mit den Mitteln des Rechtsstaates bekämpfen könnte. Der Präsident der Koordination islamischer Organisationen, der aus dem Iran stammende Fahrad Afshar meint, dass es im islamischen Raum bereits seit Jahrhunderten gebräuchlich sei Christen und Juden unterschiedlichem Recht zu unterstellen. Er meint, dass es auch in der Schweiz früher oder später solche Sondergerichte geben werde.

Ich weiss nicht was ihr liebe Leser vom Vorschlag von Giordano hält, mir jedenfalls sträuben sich dabei die Haare zu Berge. Das ist das Ende des säkularen Staates. Offenbar wird hier versucht durch die Hintertüre ein Gottesstaat zu errichten. Die Einführung der Scharia für muslimische Immigranten würde insbesondere aufgrund der Hudud-Strafen der Bundesverfassung in folgenden Punkten widersprechen:

1. Bundesverfassung Artikel 7 – Menschenwürde

  • Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.

2. Bundesverfassung Artikel 8 – Rechtsgleichheit

  • Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
  • Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit.

3. Bundesverfassung Artikel 15 – Glaubens- und Gewissensfreiheit

  • Jede Person hat das Recht, ihre Religion und ihre weltanschauliche Überzeugung frei zu wählen und allein oder in Gemeinschaft mit anderen zu bekennen.
  • Niemand darf gezwungen werden, einer Religionsgemeinschaft beizutreten oder anzugehören, eine religiöse Handlung vorzunehmen oder religiösem Unterricht zu folgen.

4. Bundesverfassung Artikel 16 – Meinungs- und Informationsfreiheit

  • Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.

5. Bundesverfassung Artikel 17 – Medienfreiheit

  • Die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist gewährleistet.
  • Zensur ist verboten.
  • Das Redaktionsgeheimnis ist gewährleistet.

6. Bundesverfassung Artikel 30 – Gerichtliche Verfahren

  • Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht.
  • Ausnahmegerichte sind untersagt.

7. Bundesverfassung Artikel 123 – Strafrecht

  • Die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts und des Strafprozessrechts ist Sache des Bundes.

8. Bundesverfassung Artikel 190 – Massgebendes Recht

  • Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend.

9. Bundesverfassung Artikel 191c – Richterliche Unabhängigkeit

  • Die richterlichen Behörden sind in ihrer rechtsprechenden Tätigkeit unabhängig und nur dem Recht verpflichtet.

Die Schweiz ist ein säkularer Staat, Staat und Religion sind strikt getrennt. Das soll auch weiterhin so bleiben, denn in einem säkularen Staat haben religiöse Gesetze nichts zu suchen. Anbei noch ein Auszug aus der Gesetzgebung der Scharia mit einigen Strafen, die bei Verstössen gegen die Gesetze der Scharia vorgesehen sind.

Hudud-Strafen:
Ehebruch und Unzucht (Strafmass ist abgeleitet von Koransure 24, Verse 2-5)
Das heisst ohne Zwang durchgeführten Geschlechtsverkehr zwischen erwachsenen und mündigen Personen, wobei keine Rolle spielt ob sie verheiratet sind oder nicht. Die Strafe für den unverheirateten sind 100 Peitschenhiebe (Koran) und 1 Jahr Verbannung (Sunna). Die Strafe für verheiratete Täter, egal ob Mann oder Frau ist Tod durch Steinigung. (Sunna)

Apostasie, d. h. Abfall vom Islam (abgeleitet von Koransure 2, Vers 217, Koransure 4, Vers 137-138 und Koransure 5, Vers 21)
Einige wenige interpretieren den Koran dahingehend, dass eine Bestrafung für dieses Vergehen erst im Jenseits vorgesehen ist. Die meisten Rechtsschulen sind der Ansicht, dass eine solche Tat mit dem Tod zu bestrafen ist. Zusätzlich soll auch das Eigentum konfisziert werden.

Homosexualität (Koransure 4, Vers 16)
“Wenn sich zwei Männer miteinander durch Unzucht vergehen, so straft beide; wenn sie aber bereuen und sich bessern, dann lasst ab von ihnen; denn Allah ist versöhnend und barmherzig.”
Der Koran sieht kein konkretes Strafmass verurteilt jedoch die Homosexualität. Aus diesem Grund werden Homosexuelle in den meisten islamischen Ländern verfolgt. Beim Strafmass herrscht gehen die Meinungen jedoch auseinander. Einige fordern die Todesstrafe für die Täter (Homosexuellen) andere wollen die Bestrafung dem Ermessen der Richter überlassen. Dies führt dazu dass Homosexuelle oft als abschreckendes Beispiel öffentlich gesteinigt werden damit sie der Gesellschaft als abschreckendes Beispiel dienen. (Je nach Rechtsschule gibt es hier Unterschiede. Die Hanafiten z.B. wollen die Bestrafung dem richterlichen Ermessen überlassen währendem die Hanbaliten die Steinigung als Bestrafung vorsehen.)

Genuss von alkoholischen Getränken (abgeleitet von Koransure 4, Vers 43 und Koransure 5, Verse 90-91)
Nach der Überlieferung soll der Täter je nach schwere der Tat mit 40-80 Peitschenhieben bestraft werden.

Vergewaltigung
Auch Vergewaltung wird verschieden geahndet. Die einen wenden die Todesstrafe an währendem die anderen die Bestrafung dem Ermessen des Richters überlassen wollen. Allerdings kennt der Islam meines Wissens nach keine Vergewaltigung innerhalb der Ehe, denn gemäss Koransure 4, Vers 34 sollen Frauen Männern gegenüber nämlich gehorsam sein. Dies gilt sicherlich auch für die Erfüllung der ehelichen Pflicht. Denn in der Koransure 7, Vers 189 heisst es: “Er, Allah, ist es, der euch von einem Menschen erschaffen hat und aus diesem sein Weib, dass er ihr beiwohne. Und als er sie erkannt hatte, da trug sie eine leichte Last, und sie konnte bequem damit gehen. Als sie aber immer schwerer wurde, da riefen sie zu Allah, ihrem Herrn: “Wenn du uns ein wohlgestaltetes Kind gibst, so sind wir dafür dankbar.”

Vergleicht diese Hudud-Strafen mit den Artikeln aus der Bundesverfassung. Die Hudud-Strafe im Falle der Apostasie z.B. widerspricht dem Artikel 15 der Bundesverfassung.

Meine grösste Sorge gilt der Ignoranz unserer Bevölkerung. Sie lesen den Koran nicht, sie befassen sich nicht mit der Scharia bzw. den einzelnen islamischen Rechtsschulen, sie ignorieren die Menschenrechtsverletzungen, die im Namen des Islam verübt werden und sie entschuldigen alles mit unpassenden Vergleichen mit dem Christentum und unpassenden Vergleichen mit dem alten Testament (zur Info, Mohammed hat vieles vom Alten Testament übernommen) und sie neigen zur Verharmlosung des Problems. In England haben erste Scharia-Gerichte übrigens bereits ihre Arbeit aufgenommen…Siehe hier!

Ich sage euch, setzt bei der Abstimmung über die Minarett-Initiative endlich einmal ein Zeichen! Wenn ihr das nicht tut, wird das so weitergehen und am Ende werden religiösen Fanatiker zum Leidwesen all jener, die lieber in einer modernen und liberalen Welt leben wollen, gewinnen.

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