Immobilienblase bei steigenden Mietpreisen???

Von Alexander Müller veröffentlicht am 16. Juli 2010 | 7.010 mal gesehen

wohnungsnotDer Tagi warnt seit Wochen vor einer drohenden Immobilienblase in der Schweiz. Dies weil angeblich 99% der Schweizer die Gunst der Stunde bzw. die exorbitant tiefen Hypothekarzinsen nutzen um sich ein Eigenheim zu 100% auf Pump zu kaufen. Wenn dann die Zinsen steigen werden sämtliche Schweizer, die jetzt ein Eigenheim gekauft haben nicht mehr in der Lage sein die Hypozinsen zu bezahlen und verlumpen. Das wird dann gemäss Tagi zum Platzen der Schweizer Immobilienblase führen. Diese wird, wenn man dem Tagi Glauben schenken kann, dann zu einer grösseren Katastrophe führen als das Platzen der Immobilienblase in den USA. Die Weltwirtschaft wird dann am Platzen der Schweizer Immobilienblase zugrundegehen und es wird zum 3. Weltkrieg kommen. Zumindest könnte man diesen Eindruck vermittelt bekommen wenn man regelmässig die Webseite des Tagi liest.

Wahrscheinlicher ist, dass die Zinsen vorerst einmal nicht oder nur moderat angehoben werden. Ebenso wahrscheinlich ist, dass viele Schweizer nebst variablen Hypotheken auch Festhypotheken mit mehrjähriger Laufzeit abgeschlossen haben. Zudem ist zu erwarten, dass viele Schweizer ihre Immobilien zu mindestens 20% Eigenfinanziert haben und über ein festes Einkommen verfügen. Diese Leute werden nicht so schnell ins Schleudern geraten wie die Subprime-Schuldner in den USA, die ohne Eigenfinanzierung oder mit einer Eigenfinanzierung, die weit unter 20% liegt weit über Wert eine völlig überteuerte Immobilie gekauft haben und anschliessend von heute auf morgen arbeitslos wurden weil ihr Arbeitgeber entweder Pleite ging oder sie aber keinen Kündigungsschutz bzw.  keine Kündigungsfrist hatten, wie das in der Schweiz üblich ist.

Was auch noch gegen die Weltuntergangs-Theorie der Tagi-Journis spricht, ist der Zustrom von gebildeten Deutschen und reichen Russen, die dank ihrer Finanzkraft dafür sorgen, dass sich in der Stadt Zürich und an der Goldküste immer weniger Schweizer eine Wohnung leisten können. Wo bitteschön ist denn da die Blase, wenn die Mietzinsen ständig steigen??? Ich würde hier eher von Wohnungsnot sprechen solange man in der Stadt Zürich für lächerliche 11 m2 CHF 800.–/Monat zahlen muss. Ausserdem geht man ja zurzeit eher von einem Bevölkerungswachstum aus, zumindest wenn der Zustrom an Migranten weiter im bisherigen Masse anhält. Mehr Leute brauchen bekanntlich auch mehr Wohnraum. Auch das spricht gegen eine Immobilienblase. Und schliesslich gibt es ja noch die Linksgrünen, die gegen die Zersiedelung der Schweiz kämpfen. Wenn es ihnen gelingt die Erweiterung der Bauzonen weiter einzuschränken, dürfte das zu weiter steigenden Immobilienpreisen und Mietzinsen führen. Aber schauen wir mal wie es kommt, vielleicht kommt der dritte Weltkrieg ja doch wenn in der Schweiz eine Medienblase platzt…lol.

PS: In der Schweiz würde man Leuten wie den US-Subprime-Schuldnern nicht mal eine Hundehütte verkaufen. Die Sparquote der Amis ist negativ und mit jener der Schweizer bei weitem nicht vergleichbar.

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5 Gedanken zu „Immobilienblase bei steigenden Mietpreisen???“

  1. Kurz zusammengefasst: Schweizer Banken gewähren nicht jedem eine Hypothek. Man muss die erforderliche Mindesteinlage bringen (in der Regel 20%) und genügend verdienen oder aber man muss sehr viel verdienen wenn man die Mindesteinlage auf unter 20% drücken will. Zudem ist zurzeit nicht davon auszugehen, dass wir einen Überschuss an Immobilien haben…zumindest bei den Mietwohnungen im urbanen Raum rund um Zürich nicht. Da muss man bereits für jede Bruchbude aus der Vorkriegszeit tief in die Tasche greifen. Das Bevölkerungswachstum dürfte zu einer weiteren Nachfrage nach Wohnraum führen, was Preise für Immobilien weiter nach oben treibt. Widerstand gegen die Umzonung von Landwirtschaftszonen dürfte die Preise von Bauland ebenfalls weiter verteuern….also wo ist da die Blase?

  2. Da darf man aber etwas nicht ganz vergessen:

    In Aglomerationen, wie Zürich, Basel, Bern, Lausanne usw. besteht eine gewisse Wohnungsnot im kostengünstigeren Segment. In Landregionen hingegen, besteht schon ein grösserer Leerwohnungsbestand, der durchaus Probleme schaffen könnte.

  3. Würde eher sagen, dass bei einzelnen ländliche Regionen mit schlechter Infrastruktur und schlechter Verkehrsverbindung eher Landflucht als Wohnungsnot spürbar ist. Hingegen ist es doch so, dass reiche Ausländer sich in Städten wie Zürich und an der Goldküste niederlassen und dann Schweizer in die Agglomerationen (städtisches Umland, dicht besiedeltes Gebiet in der Nähe von Städten bevorzugt mit S-Bahn-Anschluss) verdrängen. Die Verdrängten sorgen dann in den Agglos für eine höhere Nachfrage an Wohnungen und Häusern und damit für höhere Immobilienpreise und Mieten.

    Zudem wenn die Linksgrünen gegen die Zersiedelung des Landes vorgehen und die Umwandlung von Landwirtschaftszonen in Bauland verhindern, dürfte dies ebenfalls Effekte auf das verbliebene Bauland haben. Immer mehr Menschen müssen sich vorhandenes Bauland teilen. Dies könnte dazu führen, dass es in Städten künftig weitere Gebäude wie den Prime Tower in Zürich gibt, die unter Umständen noch höher sind.

    Bevölkerungswachstum, Wirtschaftswachstum und die knappe Ressource Bauland sowie eine wesentlich solidere Immoblienfinanzierung als dies in den USA im Subprime-Markt der Fall war, sprechen gegen eine bevorstehende Immobilienkrise in der Schweiz. Ich bezweifle, dass über einen gewissen Zeitraum moderat steigende Hypothekarzinsen viele Immobilienbesitzer in der Schweiz ins Schleudern bringen (wie das der Tagi behauptet).

    PS: Und sollte einer wirklich Mühe damit haben sein Eigenheim zu verkaufen, wie wärs mit vermieten? Bei steigenden Hypothekarzinsen können auch die Mietzinsen angehoben werden.

  4. Die Geschichte wiederholt sich !
    Ich komme aus Spanien, auch dort hat man vor 3 Jahren die Stories von den reichen Russen erzählt, die alles zu jedem Preis kaufen. Dann ging alles recht schnell… Die Situation in der Schweiz ist absolut vergleichbar: es scheint nicht länger wichtig, was eine Immobilie kostet, es wird nur noch auf die monatliche Zinsbelastung geschaut. JEDER will Immobilien erwerben, auch Leute, die besser die Finger davon lassen sollten.
    Drastisch sind die Verschuldungsquoten in der Schweiz. Hier ist man „Weltmeister“. Sowohl absolut, als auch im Verhältnis zum BIP gibt es nirgendwo auf der Welt eine derartige Verschuldung, selbst die Amis lagen vor dem Crash deutlich darunter.
    Es muss jeder selbst entscheiden, welches Risiko er eingehen will, aber für mich ist klar, dass es keine zwei Jahre mehr dauern wird, bis der Markt einbricht. (einfach mal auf anzeiger.ch die Wohnungsangebote über ein paar Wochen anschauen – der Trend ist beeindruckend)

  5. Stimmt nicht, die Situation in der Schweiz ist überhaupt nicht mit derjenigen von Spanien vergleichbar! In Spanien haben Grossinvestoren in riesige Siedlungsprojekte investiert. In der Schweiz kaufen Herr Meier und Frau Müller ihr Einfamilienhaus, für das sie über Jahre hinweg gespart haben. Das ist ein wesentlicher Unterschied. In der Schweiz gibt es kaum leerstehende Häuser, in Spanien hingegen viele!!!

    In der Schweiz erwirbt ausserdem bei weitem nicht jeder ein Eigenheim. In der Regel, und die wird in der Schweiz anders als in Spanien und den USA penibel eingehalten, muss man mind. 20% Eigenfinanzierung einbringen und über genügend Einkommen verfügen bevor man bei einer Bank oder der Post eine Hypothek erhält. Zudem müssen bei steigenden Hypothekarzinsen auch die Mieter tiefer in die Tasche greifen.

    Die Aussage mit der Verschuldungsquote kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Die USA ist eines der am höchsten verschuldeten Länder dieses Planeten. Die Verschuldungsquote der Schweiz ist im Vergleich zum europäischen Ausland hervorragend (die Schweiz würde die Konvergenzkritierien für die Eurozone mit Handkuss erfüllen) und die Schweizer sind eher ein Volk von Sparern, was man von den Amerikanern überhaupt nicht sagen kann.

    Um Rückschlüsse auf die Entwicklung der Preise vornehmen zu können, muss man in einer Marktwirtschaft die Entwicklung von Angebot und Nachfrage im Auge behalten. Fakt ist, dass die Bevölkerung der Schweiz zunimmt und das Bauland weniger wird. Ebenfalls Fakt ist, dass die Schweiz im Gegensatz zu Spanien eine wesentlich tiefere Arbeitslosenquote und somit im Verhältnis wesentlich mehr zahlungskräftige Konsumenten hat als Spanien. Das spricht gegen eine Immobilienblase und den Vergleich mit Spanien.

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