Gibt es böse Bauten?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 2. August 2016 | 2.002 mal gesehen

Gibt es böse Bauten und wenn ja, was macht sie zu solchen?

Ein deutscher Sender strahlt gerade eine Dokumentarsendung über NS-Gebäude aus. Der moralisierende Titel der Sendung heisst „Böse Bauten“. Das wirft bei mir die Frage nach dem Zweck der Dokumentarsendung auf. Wenn es nur um die Vermittlung von Geschichte ginge, dann müsste die Sendung einen sachlichen Titel haben. Das ist bei dieser Sendung jedoch nicht der Fall, sie hat einen moralisierenden und wertenden Titel.  Denn was ist schon Gut und Böse?

Für Gut und Böse gibt es keine allgemein gültige Definition. Einzelne Gesellschaften und einzelne Menschen definieren je nach moralischen und ethischen Werten unterschiedlich was gut und was böse ist. Vielfach gibt es auch Abgrenzungsfragen. Menschen, die Gutes tun wollen, handeln nicht selten böse. So zum Beispiel Leute, die Rassismus bekämpfen wollen, indem sie das Leben eines Menschen wegen einem vermeintlich rassistischen Tweet zerstören.

Viele deutschsprachige Dokumentarfilme über die Zeit des Zweiten Weltkriegs strotzen nur so von Wertungen und moraliserenden Worten. Der fehlende Pragmatismus und die Wortwahl lassen auf die politische Absicht der Filmemacher schliessen. Die deutsche Sprache ist voller Tücken, mithilfe derer Menschen manipuliert und hinters Licht geführt werden können.

Nicht selten wird bei deutschsprachigen Dokumentarfilmen über NS-Gebäude zum Beispiel das Wort „Grössenwahn“ verwendet. Synonym dafür könnten auch die Worte „Gigantomanie“, „Titanomanie“ oder „Gigantismus“ verwendet werden. In diesen Sendungen wird leider oft nicht erwähnt weshalb NS-Gebäude so gross und eindrücklich waren. NS-Gebäude hatten einen politisch repräsentativen Zweck. Sie sollten imponieren und vom Glanz der Ideologie, die sie vertraten künden. Einige von ihnen waren auch Teil der NS-Propaganda. Gleichzeitig vermittelten sie auch das Weltbild der Ideologie, welche sie hervorbrachte. Eine ähnliche Vorgehensweise wie die Nazis hatten die Römer und die Sowjets. Der imperiale römische Baustil dominierte in den Gebieten des römischen Herrschaftsbereichs. Auch grosse Städte wie New York wollen mit grossen Gebäuden etwas ausdrücken. Das ist nicht etwa etwas, was es nur in der NS-Zeit gab. Auch die Bauherren von Versailles oder Sans Souci wollten mit ihren Bauten etwas ausdrücken.

Trotzdem wird hauptsächlich im Zusammenhang zu NS-Gebäuden von Grössenwahn und Gigantomanie gesprochen. Bei den Chinesischen Mauern, den Pyramiden, dem Taj Mahal, beim Eiffelturm, bei Wolkenkratzern usw. ist das interessanterweise alles nicht der Fall.

Gebäude höherer Kulturen hatten immer auch einen symbolischen Charakter und waren deshalb nicht nur zweckmässig sondern sollten auch repräsentativ für eine Kultur, ein Weltbild, eine Ideologie, einen Machtanspruch oder eine Religion sein.

Wer ein Gebäude als Ausdruck von Grössenwahnsinn bezeichnet, der will den Auftraggeber des Gebäudes negativ darstellen. Dasselbe gilt für jemanden, der Gebäude als „Böse“ bezeichnet. Die Filmemacher der Dokumentarsendung entlarven sich damit selbst als emotionale und politische Filmemacher, denen es am nötigen Abstand fehlt um eine wissenschaftlich nüchterne Informationssendung mit Bildungscharakter zu machen. Ist es denn wirklich nötig immer wieder äusserst penetrant zu betonen, dass das NS-Regime böse und ihre Vertreter schlechte Menschen waren? Haben die Filmemacher etwa Angst, dass die Zuschauer es differenzierter oder gar anders sehen könnten? Wollen sie das mit ihren Wertungen verhindern? Sollen die Zuschauer im Sinne der Filmemacher manipuliert werden? Wer finanziert eigentliche diese politischen Dokumentarfilme?

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