Die Schweiz ein Schurkenstaat?

Von Alexander Müller veröffentlicht am 15. April 2010 | 4.441 mal gesehen

Claus SchmiedelDer Streit zwischen der Schweiz und Deutschland wegen gestohlener Bankdaten erreicht eine neue Dimension. Nach den Norddeutschen Peer Steinbrück und Franz Müntefering, sorgt nun ein süddeutscher SPD-Politiker mit unflätigen Äusserungen für Aufsehen. Im Baden-Württembergischen Landtag verglich der linke Politiker Claus Schmiedel die Schweiz mit einem Schurkenstaat. Inzwischen hat er nachgedacht und sich für seine niederträchtige Aussage entschuldigt. Was ist bloss mit den deutschen SPD-Politikern los? Der eine droht mit der Peitsche, der andere will Truppen entsenden und wieder ein anderer vergleicht unser Land mit einem Schurkenstaat.

Doch was ist eigentlich ein Schurkenstaat? Was ist ein Schurke? Ein Schurke ist ein gemeiner Verbrecher, ein hinterhältiger Betrüger, ein Dieb oder jemand wie Gaddafi Senior. Für Schmiedel sind Staaten, die Kriminellen Zuflucht bieten Schurkenstaaten. Deutsche Politiker wie Schmiedel stören sich daran, dass die Schweiz bisher nur Rechtshilfe für Taten gewährt hat, die auch nach Schweizer Recht ein Verbrechen darstellen. Diese Praxis hat sich in der Schweiz jedoch insbesondere im Asylwesen bewährt. Wenn z.B. einer Frau aus dem Sudan die Steinigung droht weil sie schwanger wurde ohne verheiratet zu sein, dann bietet die Schweiz dieser Frau Schutz und liefert sie nicht an die sudanesischen Justizbehörden aus. Dies gilt auch dann, wenn das, was die Frau getan hat, nach sudanesischem Schariarecht eine Straftat darstellt.

Schmiedels Definition für einen Schurkenstaat lehne ich ab. Ein Schurkenstaat ist nach meiner Ansicht ein Staat, der kriminelle Handlungen verübt. Das kann z.B. ein Staat sein, der zu Verbrechen anstiftet indem er sich als Hehler betätigt, also aus Raffgier Dieben gestohlene Ware abkauft. Für Schurkenstaaten heiligt der Zweck die Mittel. Sie sind bereit eigene Gesetze zu brechen und gehen, wenn es sein muss über Leichen.

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6 Gedanken zu „Die Schweiz ein Schurkenstaat?“

  1. Hehe,
    tja, da weiß ich nicht, ob ich gerade auf einem Schweizer Blog bin oder nicht. Jedenfalls, ob man die Schweiz nun Schurkenstaat nennen möchte oder nicht, bleibt doch völlig gleich. Ist ja kein Thema, das über Nacht aufgetaucht wäre, sondern ist allgemein hin schon sehr, sehr lange bekannt. Interessant wurde das Thema aber wirklich erst, seit dem die BRD sich ab und zu eine CD gönnt. Man mag fast meinen die Schweizer sind dadurch ein wenig aufgeschreckt. Ich halte zwar selbst nichts von dieser Taktik und finde es rechtsstaatlich sehr bedenklich, aber das ist ja nicht das Thema.
    Übrigens schönes Thema mit Gadafi Senior, der hat angeblich ja auch genug Konten in der Schweiz… und ach die all so unschuldig erworbenen und nie abgeholten Nazi-Konten… jaja
    Es gibt niemals nur eine Seite der Medaille, man muss sich nur recht recken und strecken, schon sieht man über den Tellerrand hinaus 😉

    Gruß

    AMUNO

    Über Gegenbesuch und Kommentare würde ich mich natürlich sehr freuen 😉

  2. Hehe, schon komisch, dass sich ein Deutscher bemüssigt fühlt, die Schweiz aufgrund von „Nazi-Konten“ zu kritisieren. Man hat ja nur 6 Millionen Juden ermordet und trägt die Verantwortung für 60 Millionen toter im Krieg und ein halb zerstörtes Europa. Da ist man natürlich legitimiert, die Schweiz zu kritisieren, da auf deren Konten 65 Millionen (nicht etwa Milliarden) nachrichtenloser Vermögen lagen (notabene inklusive Zins und Zinseszins). Ja, da kann man nur erstaunt mit den Achseln zucken. Dass der ehemalige US-Notenbankchef Paul Volker und seine Kommission (inklusive 800 Revisoren) die Causa „nachrichtenlose Vermögen“ untersucht hat und einen Schlussbericht verfasste, der die Banken von jeglicher Schuld freisprach, interessiert ja auch keinen. Dass Deutschland gerade von der OECD als „Geldwäschereiland“ bezeichnet wurde und in 27 von 45 Kriterien die Beurteilung „ungenügend“ bis „teilweise genügend“ erhielt, ist ja auch egal. Deutschland hat ja nicht einmal die OECD-Regelung bezüglich Geldwäscherei übernommen – im Gegensatz zur ach so bösen Schweiz. Gadaffi hatte tatsächlich Konten in der Schweiz, mitlerweilen hat er sein Geld aber abgezogen und wohl bei seinen EU-Freunden angelegt. Schliesslich hat die EU ja position für Libyen und gegen die ach so böse Schweiz bezogen und sich bei Libyen für die unannehmlichkeiten entschuldigt. Wie war das noch gleich mit Diktatoren und Blutgeld? Schönes Deutschland. Dass die Schweiz mit Deutschland ein DBA plus ein Zinsbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat ist ja auch unerwähnt – wer kümmert sich auf Deutscher Seite schon um Staatsverträge! Da poltert man lieber ein wenig, schwingt die Peiste, nennt die Schweiz einen Schurkenstaat, bedauert, dass man nicht wie früher Soldaten schicken kann und findet sich dabei wahnsinnig im Recht.

  3. Jaja,

    ich behaupte keineswegs, dass die BRD nicht schuldig wäre. Ganz im Gegenteil, wir haben in den letzten 50 Jahren brav gelernt, dass man sich einfach nur ein wenig ducken muss und sich artig zu entschuldigen hat, ganz gleich um was es eigentlich geht. Also blabla, ja Deutschland und die BRD sind apriori Schuld, ganz gleich an was auch immer und dafür ein dickes Sorry.
    Ist leider nur nicht das Thema hier, sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen, sondern einzig und allein, wie sieht es denn wirklich in der Schweiz aus? Geldwäsche ist hier auch nicht das Thema, geht ja eher um das Geld, welches dem hiesigen Wirtschaftsraum entzogen wird und schöne Zinsen in der Schweiz bringt.

    Es bleibt also die Frage über, hat die Schweiz in irgendeiner Form unrecht und macht sich schuldig? Selbstverständlich in keinster Weise und doch frage ich mich dann, wie kommt es zu diesen üblen Verleumdungen in den letzten 40 Jahren über die Schweiz und ihr Finanzsystem?

    Schande über mein Haupt, dass man als grundsätzlich immer Schuldiger sich ab und zu mal die Frage stellt, ob die anderen, welche andauernd mit dem Finger zeigen, vielleicht nicht auch mal ein wenig vor der eigenen Haustür kehren sollten 😉

    Gruß

    AMUNO

  4. Die Schweiz gehört zu den Ländern mit den strengsten Geldwäschereigesetzen und befolgt diese auch mit Schweizer Gründlichkeit. Diese Gründlichkeit kann es mit der deutschen Gründlichkeit bei weitem aufnehmen und ist derjenigen von England, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland mit absoluter Sicherheit haushoch überlegen.

    Die Schweiz begeht kein Unrecht. Die Schweiz ist ein souveräner Rechtstaat, der gegenüber den Gesetzen ausländischer Grossreiche und Supermächte nicht verpflichtet ist. Wenn im Sudan ausserehelicher Sex gesetzwidrig ist und mit der Todesstrafe (durch Steinigung) geahndet wird, ist die Schweiz nicht verpflichtet eine aus dem Sudan geflohene Frau, die im Sudan eines solchen „Verbrechens“ beschuldigt wird, an den Sudan auszuliefern. Das Gleiche gilt auch für deutsche Staatsbürger, die in der Schweiz Zuflucht gefunden haben. Deutschland hat nicht das Recht von der Schweiz zu verlangen, dass sie im Namen der Bundesrepublik Leute für etwas verfolgt, das in der Schweiz nicht strafbar ist!

    Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland sollte sich schämen. Es gehört sich einfach nicht, dass man mit Verbrechern (Dieben) gemeinsame Sache macht.

  5. @ AMUNO
    Nur nicht mimosenhaft werden wenn Sie schreiben: “ Ist leider nur nicht das Thema hier, sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen „. Sie haben ja schliesslich dieses Forum eröffnet und Sie waren es ja schliesslich, der begonnen hat mit Dreck geworfen hat („ob man die Schweiz einen Schurkenstaat nennen möchte, bleibt doch egal“;“schönes Thema mit Gadafi Senior, der hat angeblich ja auch genug Konten in der Schweiz“; „und ach die all so unschuldig erworbenen und nie abgeholten Nazi-Konten“).
    Und ihre Aussage sind nicht nur hinterlistig, sie sind auch falsch. Wie Sie ja wohl wissen, gibt es 52 Staaten respektive Regionen mit Bankgeheimnis – von Singapore über die englischen Kanalinseln über US-Staaten, Saudi-Arabien bis zu China (Hong-Kong) oder EU-Staaten à la Luxemburg, Belgien oder Österreich – aber im Fokus steht einzig die Schweiz. Diese hat notabene das Thema mit Deutschland for 3 Jahren eigentlich staatsvertraglich geregelt (Stichwort Zinsbesteuerung). Zu Ihrer eigentlichen Frage, warum es zu diesen Verleumdungen der Schweiz kam, da gibt es einfache Erklärungen:
    1) der CH-Bankenplatz ist erfolgreich und daher Hauptkonkurrent für die New York, London oder Berlin. Die Schweiz wurde ja von der G20 auf eine schwarze Liste gesetzt wegen dem Bankgeheimnis. In der G20 sind – welch ein Wunder – ausgerechnet Deutschland, die USA und England. Nun frage ich mich, warum die Schweiz wegen ihrem Bankgeheimnis auf die Liste kam, Staaten der G20 resp. deren Teilnehmer die ebenfalls ein Bankgeheimnis kennen, aber nicht (Kanalinseln von England, Saudi-Arabien, China, Delaware, Trustinstitut von London etc). Ein Schelm, wer böses dabei denkt
    2. Ein weiterer Grund ist die Wirtschaftskrise – die grösste seit den 1920ern. Den Staaten fehlt Geld. Also muss man erstens von den eigenen Versäumnissen ablenken und b dem erfolgreichen Staat Schweiz unterstellen, er sei für die Misere verantwortlich (die Schweiz hat ihr Staatsbudget gerade mit einem Milliardenüberschuss abgeschlossen und die Staatsverschuldung in den letzten Jahren um über 23 Milliarden Franken abgebaut – wogegen Deutschland alleine in diesem Jahr eine Neuverschuldung von 80-100 Milliarden Euro ankündigen musste). Das BIP am „Bankgeheimnis“ respektive privatem, ausländischem Vermögen in der Schweiz macht übrigens rund 1,4% aus – wenn denn 100% davon Schwarzgeld wäre.
    3. Die Schweiz ist ein Kleinststaat und damit Schutzlos. Ein gutes Beispiel ist die von Ihnen angedeuteten Nazivermögen auf CH-Banken respektive die nachrichtenlosen Vermögen. 10 Milliardenklage aus den USA, Vergleich über 2,5 Milliarden, Aufwand zur Prüfung der Vorwürfe 800 Millionen, tatsächlich gefundener Betrag auf CH-Banken inklusive Zins und Zinseszins 65 Millionen. Schlussbericht wurde in der Welt nicht zur Kenntnis genommen. Die Schweiz gilt entgegen den Fakten als Dieb von jüdischem, nachrichtenlosem Vermögen.
    Letztlich noch zu ihrem Vorwurf, die Schweiz soll doch vor ihrer eigenen Haustüre kehren. Was heisst das? Die Schweiz hat dies nähmlich gemacht nur nehmen Sie es nicht zur Kenntnis oder wollen Ihre Maximalforderung verwirklicht sehen! Die Schweiz hat DBAs mit allen Staaten ausgehandeln, Sie verpflichtete sich für die EU Zinsbeträge auf CH-Konten zu versteuern und in die EU abzuführen, Sie schloss ein Zinsbesteuerungsabkommen ab, Sie übernimmt die OECD-Regeln, leistet neu Amtshilfe auch bei Steuerhinterziehung (bereits ca. 20 DBAs abgeschlossen), hat eines der strengsten Geldwäschereigesetze etc. Was es da noch zu bemängeln gibt, ist mir schleierhaft! Deutschland macht das meiste davon jedenfalls nicht und nimmt munter Schwarzgeld von Schweizern an der Grenze an (vlg. WISO-Reportage). Also: was fordern Sie noch? Den automatischen Datenaustausch? Generalverdacht für jeden unabhängig von Schuldfragen, rechtlichem Gehör, Datenschutz, richterlichen Genehmigungen für die Durchbrechung von Persönlichkeitsrechten, losgelöst vom Anfangsverdacht einer Straftat etc.? Komische SIcht!

  6. Deutschland, wie die andern umliegenden Staaten auch, hat einen aufgeblähten Beamtenapparat mit äusserst grosszügigen Leistungen. Dies muss halt irgendwie finanziert werden. Wer von diesen Pfründen lebt, gibt das bequeme Leben nicht leichtfertig auf und versucht mit allen Mitteln, seinen, von andern finanzierte Wohlstand zu wahren. Echt SPS: SozialPopulismuS

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