Die Lenker der Schweizer Demokratie

Von Alexander Müller veröffentlicht am 12. Juli 2015 | 1.934 mal gesehen

Demokratie wird allgemein als Volksherrschaft verstanden. Die Schweiz hat offiziell eine Mischform zwischen einer Stellvertreterdemokratie und einer direkten Demokratie. In Tat und Wahrheit herrscht das Volk aber auch in der Schweiz nicht.

Die Rechte des Schweizer Stimmvolks

Das Volk wählt seine Vertreter im Parlament und das Parlament wählt den Bundesrat und die Bundesrichter. Der Bundesrat regiert die Schweiz, das Parlament schafft Gesetze und die Justiz übt die Rechtssprechung im Sinne der vom Parlament erlassenen Gesetze aus.

Neben dem Wahlrecht haben stimmberechtigte Schweizer noch das Recht Referenden gegen vom Parlament erlassene Gesetze einzureichen, Volksinitiativen für Verfassungsänderungen einzureichen und über Referenden und Verfassungsänderungen abzustimmen. Soviel zur Theorie.

Wer lenkt die Schweizer Demokratie wirklich?

Obwohl die Regierungsform der Schweiz als Demokratie bezeichnet wird, hat das Volk nicht viel zu sagen. Die Schweiz wird von Lobbyorganisationen mithilfe der Massenmedien regiert. Sie haben das Geld und das Mobilisierungspotential um Kandidaten für Wahlen aufzubauen und aufzustellen und um Wahl- und Abstimmungskämpfe zu führen. Viele Nationalräte und Ständeräte sind Angehörige von Verbänden und Organisationen. Diese haben mehr Gewicht als die klassischen Parteien und können mit einer gezielten Agenda Themen setzen und Massenmedien beeinflussen. Der normale Bürger diskutiert meist über jene Themen, die ihm von den Lobbyisten und der Presse tagtäglich vorgesetzt werden. Er verhält sich wie ein Rindvieh, welches ohne zu hinterfragen frisst, was ihm der Bauer tagtäglich zum Frass vorwirft. Der Schweizer Stimmbürger lässt sich manipulieren und lenken. Die Schweizer Stimmbürger gleichen den Elois, im Roman von H.G. Wells, die von den Morlocks wie Vieh gehalten werden. Sie sind das Stimmvieh der Mächtigen!

Die klassische politische Karriere auf Bundesebene

Wer eine politische Karriere auf Bundesebene machen will, der kann den klassischen Spiessrutenlauf durch die Ränkeschmieden der Parteien gehen. Erfolgversprechender ist jedoch der Weg über Verbände und Lobbyorganisationen. Die Seilschaften dieser Organisationen sind ausserordentlich effizient. Wenn jemand in einer mächtigen Lobbyorganisation gut positioniert ist, kann er in einer klassischen Partei auf der Überholspur nach oben kommen. Linke nutzen Gewerkschaften und Umweltverbände als Karrieresprungbrett. Bürgerliche nutzen Verbände wie die Economiesuisse, die Erdölvereinigung und andere finanzkräftige Organisationen als Sprungbrett an die Macht. Am Ende hat die Zügel jedoch der in der Hand, welcher den Aufstieg finanziert hat.

Wie kann einer aus dem Volk mitreden?

Wenn einer aus dem einfachen Volk mitreden will, muss er entweder ein emotionales Thema bearbeiten oder er muss zumindest Geld zur Finanzierung von Wahlkämpfen, Kampagnen und Initiativen haben. Welcher Normalbürger hat einmal so eben 100’000 Franken für einen Wahlkampf im Sparkässeli? Woher hatte der langjährige Student Balthasar Glättli von den Grünen das Geld für seinen Nationalratswahlkampf? Wie finanziert der Student Lukas Reimann von der SVP seinen Wahlkampf? Woher kam das Geld der jüngsten Nationalräte und Nationalrätinnen der Schweiz? Vom Daddy? Vom Mami? Oder doch von einem mächtigen Patenonkel irgendeiner dunklen Lobbyorganisation? Einige wie Magdalena Blocher profitieren wohl auch von den Vorleistungen ihrer Eltern.

Woher hat eine 28-Jährige Kosmetikerin das Geld für einen Nationalratswahlkampf? Welcher Pate steckt dahinter? Secondo-Plus?

Welcher Pate finanziert der 28-Jährigen Kosmetikerin den Wahlkampf?
Welcher Pate finanziert der 28-Jährigen Kosmetikerin den Wahlkampf? Wer zieht die Strippen?

Emotionale Themen sind klar im Vorteil

Bei emotionalen Themen haben Quereinsteiger am ehesten eine Chance, da diese über ein hohes Mobilisierungspotential verfügen. Die Verwahrungsinitiative z.B. bearbeitete ein emotionales Thema. Deshalb gelang es einfachen Leuten aus dem Volk ein Thema erfolgreich zu positionieren.

Die Abzockerinitiative war ebenfalls ein emotionales Thema und der Urheber der Initiative war zudem noch ein reicher Fabrikant mit ausreichend finanziellen Mitteln.

Viele Initiativen kommen jedoch nicht zustande, weil es den Initianten nicht gelingt in 18 Monaten die notwendigen 100’000 Stimmen zu sammeln. Sie haben sowohl organisatorische als auch finanzielle Hürden zu meistern, die für viele einfache Bürger zu hoch sind.

Die No-Billag Initiative benötigt noch Unterschriften. Sie wird offenbar nicht von der rund 90’000 Mitgliedern umfassenden SVP unterstützt. Eventuell kommen die Unterschriften noch zustande, nachdem die Initianten jetzt vom Gewerbeverband unterstützt werden. Wir werden sehen.

Wenn eine grosse Partei eine initiative lancieren will, gründet sie vorzugsweise ein Komittee ausserhalb der Partei. Niederlagen bzw. ein mögliches negatives Image der Vorlagen lasten so nicht direkt auf der Partei und die Geldgeber, z.B. mächtige Verbände, können bestimmen ohne lästige demokratische Hürden nehmen zu müssen.

Auch Arbeitgeber reden mit!

Ohne Erlaubnis des Bauern, darf der Knecht nichts. Er ist ein Angestellter und hat zu gehorchen. Wer zahlt befiehlt, auch in der Schweiz.

Gerade die No-Billag Initiative zeigt, dass auch Arbeitgeber einen starken Einfluss auf die Politik nehmen. Natalie Rickli arbeitet für Goldbach-Media. Äussert sie sich noch öffentlich über die Billag? Ich könnte mir vorstellen, dass Goldbach-Media noch weiterhin Aufträge von der SRG erhalten möchte.

Auch andere Arbeitnehmer müssen aufpassen welche Partei sie Unterstützen. In der Schweiz kann man nicht einfach so ohne weiteres z.B. für eine Rechte Partei kandidieren, wenn einem der Job lieb ist. Man muss in der Schweiz auch aufpassen, was man öffentlich sagt. Ansonsten wird einem gekündigt und der Arbeitgeber wird vom Bundesgericht gestützt, wenn er angibt, er hätte sich aufgrund der Medienberichterstattung über den Arbeitnehmer um seinen Ruf gesorgt.

Wohl nicht ohne Grund finden sich auf der rechten politischen Seite zahlreiche Kommentatoren, die sich im Internet nur noch anonym über politische Themen äussern. Der Knecht kann sich nur anonym über Herrschaft des Bauern und Grossgrundbesitzers hinwegsetzen. Wer sich nicht an diese Regel hält, muss mit einem Karriereknick, Lohneinbussen und Arbeitslosigkeit rechnen.

Fazit

Wer frei politisieren will, der macht sich in einem lukrativen Geschäftsfeld selbstständig, baut sich ein Vermögen auf und ist in einem wirtschaftlichen Umfeld tätig, welches seine Aktivitäten zumindest duldet. Nur eigenständige „Bauern“ und eventuell auch noch Rentner können in der Schweiz frei politisieren. Ein angestellter Knecht kann das nicht.

Soviel zur angeblichen Demokratie in der Schweiz.

Übersicht über Volksinitiativen in der Schweiz

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4 Gedanken zu „Die Lenker der Schweizer Demokratie“

  1. Lieber Alexander

    etwas Fairness bitte. Ja, ich war sehr lange an der Uni eingeschrieben und Ja, ich habe keinen Abschluss gemacht. Verdient hat daran v.a. die Uni, weil ich ihre Ressourcen wenig benutzte 😉 – Aber ich habe dafür mein Geld verdient. U.a. darum, weil ich seit 1996 immer gearbeitet habe. Eine eigene Firma gegründet im IT-Bereich, dann später… ach was solls. Du kannst ja lesen, meine Biographie ist auf meiner Website.

    Und in meinem Ständeratswahlkampf war ich auch transparent über meine Finanzen, vgl. das Archiv der damaligen Wahlkampfwebsite:
    https://web.archive.org/web/20120102041524/http://www.glaetns-stoetli-ickli.ch/unterstuetzen/finanzen-ausgaben/

    Beste Grüsse
    Balthasar Glättli

  2. Hallo Balthasar, sicherlich kann einer auch profitieren, wenn er bei einer Partei, die gerade im Aufwind ist, einen guten Listenplatz hat. Die Parteigrösse ist sicher auch entscheidend. Newcomer haben es jedoch wohl eher schwer. Selbst der Millionär und Swissfirst-Banker Thomas Matter hat es ja für die SVP nicht auf Anhieb geschaff in den Nationalrat zu kommen.

    Für mich ist klar, ohne Geld schaffen es in der Regel nur Leute mit Seilschaften in den National- oder Ständerat. Selbst Leute mit Geld sind auf Seilschaften angewiesen. Meist sind es Parteifunktionäre, Gewerkschafter und Verbandsfunktionäre. Thomas Minder hat seinen Sitz im Ständerat wohl seinem Sieg mit der Abzockerinitiative zu verdanken. Er hatte genug Geld um diese Initiative zu finanzieren. Zum Erfolg beigetragen hat auch, dass er mit der Initiative ein emotionales Thema zum richtigen Zeitpunkt beackert hat. Man diskutierte damals über goldene Falschirme, Boni in Millionenhöhe, die Finanzkrise usw.

    Ich habe übrigens gerade eine NR-Kandidatur einer demokratischen Partei rechts der Mitte ausgeschlagen. Ich will ja nicht wieder den Job verlieren, weil mich die Medien auf höchst unfaire Weise durch den Kakau ziehen. Ausserdem sehe ich mich wegen der Twittergeschichte vor drei Jahren immer noch mit X-Verfahren konfrontiert.

    Die Politik bzw. die Demokratie in der Schweiz ist etwas für Linke, Verbandsfunktionäre, Gewerkschafter, Parteiapparatschiks und Schwerreiche. Die anderen werden nach Strich und Faden belogen, über den Tisch gezogen, verarscht und unterdrückt.

  3. Dass die Idee, dass einfach die Wägsten und Klügsten gewählt würden und Geld keine Rolle spielt, falsch ist, habe ich nicht bestritten. Darum ist es wichtig zu wissen, wer in grösserem Rahmen von wo finanziell unterstützt wird, nicht weil das a priori schlimm ist, aber weil zumindest Transparenz über mögliche Abhängigkeiten hier wünschenswert ist. Das fordern die Grünen ja auch und wir haben uns selbst auch entsprechende Regeln gegeben bei den Grünen Schweiz.

    Nur darum habe ich mich hier eingemischt, weil Du genau solche Intransparenz oder dubiose Finanzierung meines Wahlkampfs unterstellt hast. Ich bitte Dich, diese Unterstellung in Frageform zu löschen oder im Text auf meinen Kommentar zu verlinken. Sie ist ehrverletztend für jemand, der sein Geld redlich erarbeitet hat, und es dann halt für seine Engagement, die Politik, einsetzt, statt für z.B. ein teures Hobby.

    ps: Der Link oben scheint nicht zu funktionieren, hier nochmals:
    https://web.archive.org/web/20141125061444/http://www.glaettli-ins-stoeckli.ch/unterstuetzen/finanzen-ausgaben/

  4. Was soll daran ehrverletzend sein, wenn ich frage woher du dein Geld für den Nationalratswahlkampf hattest? Diese Frage ist berechtigt und darf bei einem Nationalrat gestellt werden.

    Okay, du bist also im IT-Bereich selbstständig, damit hast du mit einigen SVP-Politikern in der Stadt Zürich etwas gemeinsam. Es gibt ja dort einige, die als Webdesigner Geld verdienen, in dem sie Webseiten für die SVP und SVP-Kollegen kreieren. Ich denke da z.B. an Leute wie Roland Scheck. Selbst SVP-Heer und SVP-Tuena sind ja im IT-Bereich tätig und können sich „Unternehmer“ nennen. Ob sie damit reich werden bezweifle ich allerdings. Sie würden als Angestellte der Stadt Zürich wohl mehr verdienen. Andere verdienen offenbar Geld indem sie Reden für Blocher schreiben. Eventuell erhalten sie auch etwas für ihre Weltwoche-Kolumnen.

    Auch die Grünen haben ihre Finanzquellen und Seilschaften. Ich denke da z.B. an den VCS und die Grünen Frauen Franziska Teuscher und Aline Trede. Werdet ihr auch vom WWF, Greenpeace, Pro Natura, der SBB, der Cleantech-Industrie, Secondo-Plus und Pink Cross unterstützt? Zahlt der Tagi linken Politikern etwas für Artikel in seinem Politblog? Oder müssen die froh sein, wenn sie dort publizieren dürfen? Der Blick zahlt seinen Leserreportern ja etwas.

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